Als neuer Eigentümer der Biolebensmittelkette Whole Foods bläst Amazon zur Attacke auf die US-Lebensmittelbranche. Preissenkungen um bis zu 50 Prozent sind nur der Anfang. Dabei ächzen die Rivalen ohnehin schon unter verschärftem Wettbewerb - nicht zuletzt durch Aldi und Lidl.

Bereits am ersten Tag nach der milliardenschweren Übernahme der Öko-Supermarktkette Whole Foods lässt Amazon die Preise purzeln: Avocados kosten plötzlich 1,49 Dollar (1,25 Euro) statt 2,99 Dollar und das Pfund Wildlachs aus Alaska 9,99 Dollar - das sind 5 Dollar weniger als bisher. "Das ist nur der Anfang", verkündet das Werbeschild in der Filiale in Brooklyn, New York. Ein Versprechen, das Kunden erfreut - aber zugleich eine Kampfansage, die Konkurrenten erschaudern lässt.

Verschärfter Wettbewerb

Denn der US-Einzelhandel ächzt bereits unter massiv verschärftem Wettbewerb. Die aggressiv expandierenden deutschen Diskonter Aldi und Lidl nehmen die Platzhirsche wie Wal-Mart, Target, Kroger oder Costco in die Mangel. Nun heizt mit Amazon ausgerechnet der Quälgeist den Preiskampf weiter an, dessen boomende Online-Verkäufe der Branche schon seit Jahren die Geschäfte erschweren.

Der 13,7 Milliarden Dollar teure Whole-Foods-Kauf wurde an der Börse von Anfang an als Hiobsbotschaft für die etablierten Shopping-Größen verstanden. Seitdem der Deal vor rund zehn Wochen angekündigt wurde, sind die Aktien von Lebensmittelhändlern unter Druck. Die größte US-Supermarktkette Kroger hat binnen drei Monaten Kursverluste von 28 Prozent erlitten, für Costco ging es 15 Prozent bergab.

Vergangene Woche genehmigten die US-Kartellwächter - nach überraschend zügiger Prüfung - Amazons Whole-Foods-Übernahme. Der neue Eigentümer setzte schnelle Schritte: "Ab Montag werden wir die Preise bei einer Auswahl an Bestsellern senken", kündigte Manager Jeff Wilke an. Damit sei jedoch nur der Auftakt gemacht, künftig würden die Preise bei Whole Foods "kontinuierlich" schrumpfen.

Mehr als 460 Filialen

Damit will Amazon die Bio-Kette mit mehr als 460 Filialen in den USA, Kanada und Großbritannien für eine breitere Kundschaft öffnen. "Jeder sollte sich Whole Foods leisten können", findet Wilke. Das ist ein Bruch mit dem bisherigen Geschäftskonzept, das sich mit gehobener Qualität, exklusiven Produkten und teuren Preisen an wohlhabende Kunden richtete und sich so von der Billig-Konkurrenz abgrenzte.

Dieser Ansatz brockte Whole Foods jedoch auch den Ruf eines Oberschicht-Supermarktes für Öko-Snobs ein. Über die Jahre entwickelte sich das Unternehmen zu einem kontroversen Symbol der Gentrifizierung in US-Metropolen und wurde deshalb etwa von den Machern der Comedy-Serie "Southpark" auf die Schippe genommen. Amazon will dieses Image nun offenbar schleunigst loswerden. Und der E-Commerce-Gigant drückt nicht nur die Preise.

Auch eigene Produkte werden vermarktet

Amazon vermarktet über Whole Foods auch seine eigenen Produkte - der vernetzte Lautsprecher "Echo" steht bereits prominent im Eingangsbereich. Zudem wird der Prime-Service, der Abonnenten Zugang zu Video-Streaming und Gratisversand bietet, zum Prämienprogramm für Supermarkt-Kunden ausgebaut. So verzahnt Amazon seine Online-Dienste mit dem stationären Einzelhandel. Das verheißt für die Konkurrenz nichts Gutes, zumal Geldverdienen für den nach Marktdominanz strebenden Amazon-Chef Jeff Bezos nicht an erster Stelle steht.

"Amazon wendet die gleiche Strategie an, mit der bereits Buchverkäufern und anderen Einzelhändlern zugesetzt wurde", so Marktexperte Chris McCabe gegenüber dem "Wall Street Journal". Der Konzern übernehme den Markt, indem er die Konkurrenz mit niedrigen Preisen ausschalte. Als solle diese Theorie bestätigt werden, hat Amazon einige der gefragtesten Whole-Foods-Produkte in Brooklyn bereits um bis zu 50 Prozent verbilligt.