Dass die Bundesregierung und das Kanzleramt viele Stellungnahmen von Unternehmen und Interessengruppen erhielten und hierzu auch Gespräche führten, sei nichts Ungewöhnliches.

Das gehöre zur Möglichkeit politischer Meinungsäußerung. "Entscheidungen trifft die Bundesregierung trotzdem völlig unabhängig und nach eigener Willensbildung", sagte Vize-Regierungssprecherin Ulrike Demmer am Montag. "Die Bundesregierung hat seit der Entdeckung der Manipulationen (...) deutlich gemacht, dass die Nicht-Einhaltung von Abgasvorschriften konsequent und lückenlos aufgeklärt werden muss", sagte sie.

Bisher sei keine einzige Regierungserklärung von Bundeskanzlerin Angela Merkel vorab an irgendjemanden extern zum Gegenlesen weitergegeben worden, sagte Demmer. Dabei bezog sie sich offensichtlich darauf, dass Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil eine Regierungserklärung zum VW-Dieselskandal VW im Voraus zugesandt hatte.

Am Wochenende war von Medien berichtet worden, der Daimler-Lobbyist Eckart von Klaeden und der Präsident des Branchenverbandes VDA, Matthias Wissmann, hätten in der Vergangenheit ihre alten Kontakte im Kanzleramt genutzt, um Pläne für strengere Abgastests in der EU entschärfen zu wollen. Klaeden war unter Merkel Staatsminister im Kanzleramt, Wissmann war Bundesverkehrsminister unter Kanzler Helmut Kohl.

"Absurder Vorwurf"

Stephan Weil (SPD) hat unterdessen Berichte über eine mögliche Einflussnahme des VW-Konzerns auf eine Regierungserklärung von 2015 erneut zurückgewiesen. Dies sei ein "absurder Vorwurf", sagte Weil der "Bild"-Zeitung" (Montag-Ausgabe).

"Der angeblich neue Ärger ist eine olle Klamotte und schon vor mehr als einem Jahr in Niedersachsen diskutiert worden. Das ist ein Wahlkampfmanöver", fügte der SPD-Politiker hinzu. Im Oktober 2015 habe sich Volkswagen in einer dramatischen Situation befunden, es sei auch um viele Tausend Arbeitsplätze gegangen, fügte Weil hinzu. "Deswegen war eine besondere Sorgfalt bei öffentlichen Äußerungen zwingend notwendig."

"Rechtliche oder sachliche Bedenken"

Weil schilderte die Abläufe in der "Bild"-Zeitung wie folgt: "Ich habe einen Redeentwurf diktiert und meinen Fachleuten, einem Anwalt und auch VW zuleiten lassen mit der Bitte, auf rechtliche oder sachliche Bedenken hinzuweisen. Um mehr ging es nicht und mehr ist auch nicht berücksichtigt worden."

Auf die Frage, was VW konkret geändert und er übernommen habe, sagte Weil: "Ich gebe Ihnen mal ein Beispiel: In meinem Redeentwurf hatte ich kritisiert, dass die US-Behörden ein Jahr lang mit Volkswagen diskutieren mussten, bis man die Manipulation zugab. Und ich hatte es als einen schweren Fehler bezeichnet, dass die Manipulationen nicht deutlich früher zugegeben worden sind. Den Hinweis auf den schweren Fehler wollte VW streichen. Aber natürlich ist er drinnen geblieben."

Die "Bild am Sonntag" hatte zuvor berichtet, Weil habe eine Regierungserklärung zur Abgasaffäre vom VW-Konzern umschreiben lassen. Demnach bekam der Autobauer im Voraus die Rede, die Weil im Oktober 2015 im Landtag hielt. Redenschreiber des VW-Vorstands hätten "problematische Passagen" gestrichen und "positivere Formulierungen" eingefügt.