Eine lang verhandelte und eigentlich zwischen SPÖ und ÖVP fertigpaktierte Gewerbeordnungsnovelle ist am Mittwoch im Parlament doch nicht beschlossen worden. Stattdessen hieß es - mit Stimmen aller sechs Nationalratsfraktionen - zurück in den Wirtschaftsausschuss. Sehr wohl beschlossen wurden Änderungen im Wirtschaftskammergesetz mit Stimmen von SPÖ, ÖVP und FPÖ.
Vorige Woche verkündeten Christoph Matznetter (SPÖ/SWV) und Peter Haubner (ÖVP/Wirtschaftsbund) - die beiden Hauptverhandler der nun vorerst gescheiterten Gewerbeordnungsreform - noch gemeinsam ihr Vorhaben. Heute kritisierte Haubner im APA-Gespräch: "Die SPÖ sieht plötzlich weiteren Handlungsbedarf, obwohl wir uns einig waren, einen guten Vorschlag zu haben. Wir sind sehr überrascht."
Ob noch vor den Neuwahlen ein Beschluss gelingt, ist nicht fix. Die SPÖ versucht, einen einheitlichen Gewerbeschein - Stichwort: Single License - für freie Gewerbe durchzubekommen. Diese hatte ursprünglich auch der nunmehr ehemalige Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) angestrebt, war aber an parteiinternem und gewerkschaftlichem Widerstand gescheitert.
Matznetter sagte noch vorige Woche zur APA, man hätte die Single License gerne gehabt, aber man gehe nun eben einen Kompromiss ein - zu dem es wegen der Regierungskrise nun aber nicht kam. Nun, mit dem neuen ÖVP-Chef Sebastian Kurz und dem neuen ÖVP-Wirtschaftsminister Harald Mahrer, hofft die SPÖ, doch noch die gewünschte Single License durchzubekommen. Daher hat der SPÖ-Parlamentsklub Kanzler Christian Kern (SPÖ) aufgefordert, gemeinsam mit Kurz nach einer Lösung zu suchen.
Es geht besser als bisher paktiert, hieß es von Freiheitlichen, Grünen und NEOS. Kritik am Nicht-Beschluss kam hingegen von Vertretern des Tourismus und der Gastronomie.
Bedauern bei der ÖVP
Auch Wirtschaftskammer- und -ÖVP-Wirtschaftsbundpräsident Christoph Leitl bedauerte die Rückverweisung in den Ausschuss. Er appellierte, doch den One-Stop-Shop im Sinne von Erleichterungen im Betriebsanlagenrecht für die Unternehmen umzusetzen. Die Grünen warnen in diesem Punkt vor einer Gefährdung von Anrainerrechten und Umweltschutz.
Dafür begrüßte Leitl Änderungen im Wirtschaftskammergesetz, die am Mittwoch sehr wohl beschlossen wurden. Die Kammerreform soll den Mitgliedern, also allen Unternehmen, ab 2019 Einsparungen bringen. Beispielsweise werden Investitionen von der Kammerumlage 1 (KU1) befreit, was die Beiträge um rund 20 Mio. Euro pro Jahr senkt. Insgesamt will die Kammer den Unternehmen rund 130 Mio. Euro weniger abverlangen. 20 Mio. Euro von dieser Summe sollten aber aus der vorerst gescheiterten Gewerbeordnungsreform durch eine Reduktion der Gewerbeberechtigungen kommen.
Offen blieb am Mittwoch ob die Gewerbeordnungsnovelle tatsächlich noch vor den Wahlen umgesetzt werden kann. "Wir müssen schauen, ob es in dieser Legislaturperiode noch zu einer Lösung kommt. Wir sind immer zu Verhandlungen bereit", sagte Haubner dazu. Für Teile wie den One-Stop-Shop ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Plenum nötig.
Der nächste normal angesetzte Wirtschaftsausschuss findet am 22. Juni statt.