Vorerst sind zwischen der Kranich-Airline und Etihad lediglich einige Gemeinschaftsflüge geplant, doch lotet man hinter den Kulissen nach Aussagen eines Konzern-Insiders bereits eine engere Liaison aus. Erster Schritt wäre die Ausweitung der Codehare-Abkommen. "Wenn man seinen Feind nicht besiegen kann, macht man ihn zum Freund", sagt Michael Gierse, Fondsmanager beim Lufthansa-Aktionär Union Investment.
Bisher hatte die Lufthansa Etihad & Co. stets vorgeworfen, nur dank finanzieller Unterstützung durch die Heimatstaaten so schnell expandieren zu können. Alle drei Airlines gehören nämlich Emiraten, die auf riesigen Öl- und Gasquellen sitzen. Das Trio sei für die Lufthansa gefährlicher als Ryanair und Easyjet, sagt Vorstandschef Carsten Spohr zu seinem Amtsantritt vor zweieinhalb Jahren. "Mit den Billigfluglinien kommen wir klar, da haben alle die gleichen Startbedingungen. Aber mit den Golf-Carriern ist es anders." Stattdessen forderte Spohr die Politik auf, dem Vormarsch Grenzen zu setzen.
Strategischer Nachteil
Die Blockadehaltung gegenüber den neuen Konkurrenten ist für die Lufthansa Branchenkennern zufolge mittlerweile zum strategischen Nachteil geworden. Die Hilferufe an die Politik verhallten ungehört, da die Bundesregierung mit den Heimatländern der Aufsteiger langfristige Verträge geschlossen hat, die genau festlegen, wie viele Flughäfen in Deutschland angeflogen werden dürfen. Schnell kündigen lassen sich die nicht. Zudem haben die drei Airlines sich dank neuer Flugzeuge und niedriger Kosten fest im weltweiten Flugverkehr etabliert: Die australische Qantas etwa schickt seit Jahren ihre Flüge Richtung Europa über Dubai, das Drehkreuz von Branchenprimus Emirates. Und der zweitgrößte Golf-Flieger Qatar Airways hat 20 Prozent der Aktien an der British Airways/Iberia-Holding IAG gekauft und eine strategische Partnerschaft besiegelt. Emirates und Qatar hatten auch versucht, mit der Lufthansa zu paktieren, doch lehnten die Frankfurter ab.
Auch Nachzügler Etihad, kleinster und jüngster der drei Golf-Vertreter, brauchte einen langen Atem. "Die haben seit Jahren gebaggert, doch die Lufthansa zierte sich", sagt ein Kenner der Situation. Spohr sei es aber wichtiger gewesen, seinen 120.000 Mitarbeiter starken Konzern erst auf Vordermann zu bringen, bevor er sich einen Partner vom Golf sucht. Dies ist nach Ansicht des Managements nun gelungen.
"Eine engere Partnerschaft mit Etihad wäre für die Lufthansa strategisch aber ein Balanceakt", sagt Fondsmanager Gierse. Die Deutschen verfügten bereits im Flugbündnis Star Alliance über Partner weltweit. Auf Strecken nach Asien könne die Lufthansa jetzt schon auf die Netze von Turkish Airlines, Singapore Airlines und Thai Airways zurückgreifen. "Ein vierter Partner wie Etihad wäre da schwer einzubinden."
Notverkauf
Ganz freiwillig zieht auch Etihad nicht mit der Lufthansa vor den Altar: Die Besitzer der Airline, die Herrscherfamilie von Abu Dhabi, achten wegen der niedrigen Ölpreise mehr auf das Geld als früher. Allein der angeschlagene Partner Air Berlin verschlang über eine Milliarde Euro. Geprüft werde deshalb, die Europa-Strategie aufzugeben, wie mehrere Personen der Nachrichtenagentur Reuters sagten. Für die Beteiligungen, etwa dem Anteil von 29 Prozent an Air Berlin, käme ein Notverkauf unter Wert in Frage.
Die Ankündigung wird man in der Frankfurter Lufthansa-Zentrale genau registriert haben. Die Kranich-Linie besiegelte vor kurzem mit Etihad einen Deal über 38 Jets, die samt Crews von Air Berlin gemietet werden. Darüber hinaus habe die Lufthansa auch Interesse an der Übernahme der Rest-Air-Berlin mit 75 Flugzeugen, sagt ein Insider. In personeller Hinsicht hat die größte deutsche Airline die Weichen bereits gestellt: An die Spitze von Air Berlin rückt Lufthansa-Top-Manager Thomas Winkelmann.