Es ist ein auf den ersten Blick überraschendes Geschäftsmodell: Breitbandnetze aus Glasfaser ausrollen, ohne dafür erst auf öffentliche Förderungen warten zu müssen, das dürfte eine spannende Marktlücke sein. Die Allianz nimmt dafür jedenfalls knapp 930 Millionen Euro in den nächsten vier Jahren in die Hand, die ÖGIG wird sich bei dem geplanten Netzausbau vor allem auf ländliche Regionen konzentrieren. Tatsächlich fließen hier dann gemäß einem detaillierten Bundes-Katalog auch Förderungen. Aber der Startschuss für den Bau ist nicht davon abhängig.
Konkret will die ÖGIG 289 Millionen Euro in Kärnten und 167 Millionen Euro an Glasfaserkabeln in der Steiermark vergraben. Die ersten Bauarbeiten laufen bereits in Kürze an, etwa in Wildon in der Südsteiermark. Mit derzeit 20 Gemeinden ist die ÖGIG bisher handelseins geworden, weitere 60 sollen heuer dazukommen. Es werden laufend weitere Gespräche mit Kommunen geführt, erklärt ÖGIG-Geschäftsführer Hartwig Tauber.
Economica-Chef Helmenstein: "Glücksfall" für die Region
Ökonom Christian Helmenstein sieht in dem Modell einen "Glücksfall" insbesondere für die ländlichen Regionen. Sein Economica-Institut erwartet für die kommenden vier Jahre 634 Millionen Euro zusätzliche Wertschöpfung und jährlich 2500 Beschäftigungsverhältnisse, die daraus entstehen.
Eine Eigenheit des österreichischen Finanzausgleichs sei "leider", dass vor allem jene Städte und Gemeinden von ihm profitieren, wenn sie bereits eine gute Glasfaserinfrastruktur mit allen Vorteilen etwa für Unternehmen haben, so Helmenstein. "Gemeinden sind schwer zu motivieren, ihrerseits Finanzmittel in die Hand zu nehmen", so Helmenstein. Das sei ein Anreizproblem, das man in Österreich generell in Bezug auf Investitionen habe, weil der Mittelrückfluss an die Gemeinden zu schwach sei. Deshalb brauche es unbedingt private Initiativen. Der Breitbandausbau bringe der Volkswirtschaft im Moment die größte Rendite.
"Wir liefern Glasfaser bis ins Wohnzimmer", so Breitband-Experte Tauber. Damit sich möglichst viele Nutzer auch tatsächlich dafür entscheiden, gibt es einen sehr niedrigen Einstiegspreis von 299 Euro für die Erstellung des Anschlusses, der bei bereits begonnenem Bau, aber noch offenen Straßengräben auf 599 Euro steigt und bei wiederhergestellten Gehsteigen wahrscheinlich mehr als doppelt so teuer werden dürfte, wie Tauber erklärt. Mit dem Anschluss sind keinerlei Verpflichtungen verbunden, die ÖGIG verkauft keine Endkundenprodukte. Die Telekomunternehmen bieten verschiedene Leistungspakete über Glasfaser an, das günstigste kostet derzeit etwa 34 Euro.
Ende 2021 hatte die ÖGIG bereits 35.000 Haushalte angeschlossen, allesamt in Niederösterreich, wo ein Pilotunternehmen gestartet worden war. Inzwischen hat das Ende 2019 gegründete Unternehmen 60 Mitarbeiter. Bis 2030 sind eine Million Haushaltsanschlüsse das Ziel, bis dahin würde sich das Investitionsvolumen auf 2,5 Milliarden Euro belaufen. Ob die Allianz den zweiten Teil über die 930 Millionen Euro hinaus aus Eigenmitteln oder fremdfinanziert, ist noch offen.
Nicht auf dem Ausbauplan sind übrigens Wien und Salzburg, wo sich die ÖGIG angesichts der Dichte des bereits vorhandenen Netzes kein Geschäft verspricht.
Claudia Haase