Diese Zahlen sagen vielleicht nicht alles, aber viel: 2021 haben in Österreich Immobilien im Wert von voraussichtlich mehr als 40 Milliarden Euro ihre Besitzer gewechselt. Das ist deutlich mehr als doppelt so viel wie vor zehn Jahren. Bei 16 bis 17,5 Milliarden Euro lag das jährliche Transaktionsvolumen zwischen 2011 und 2013. Seitdem gibt es kein Halten mehr bei den Preisen. Das Angebot ist knapp, die Nachfrage hoch. Und Regionen wie die Steiermark und Kärnten, wo es zuweilen noch vergleichsweise günstige Angebote gab, ziehen jetzt voll nach.
Die vom Makler-Netzwerk Remax veröffentlichten Zahlen sowie eine Umfrage ihrer 600 angeschlossenen Immobilien-Vermittler lassen auch keinerlei Bremsspuren erkennen. Daran dürften vielleicht sogar die geplanten Restriktionen seitens der Banken bei den Kreditvergaben nichts ändern. Remax-Chef Bernhard Reikersdorfer erwartet jedenfalls keine Trendumkehr. "Mit einem Rückgang rechnen wir definitiv nicht. Es wird eher das Gegenteil der Fall sein aufgrund der steigenden Grundstücks- und Baukosten," sagt Reikersdorfer. Deshalb werde auch der Markt für Gebrauchtimmobilien noch attraktiver werden. Viele verzichteten auf das selbst gebaute Haus und kauften ein altes. "Speziell der Einfamilienhaus-Markt hat mit einem knappen Angebot zu kämpfen," so der Geschäftsführer von Remax Austria.
Regionale Entwicklungen
Hinter dem Transaktionsvolumen von mehr als 40 Milliarden Euro - die Dezemberzahlen wurden geschätzt - stehen mehr als 150.000 Besitzwechsel. "Mehr als je zuvor," so Reikersdorfer. Allein der Wert der rund 52.000 verkauften Eigentumswohnungen kommt mit 13 Milliarden Euro schon recht nahe an jenen Wert heran, der 2011 für den Gesamtmarkt stand.
Von einer Immobilienblase will man bei Remax aber nichts wissen. Der Markt sei krisensicher. Viele Käufer hätten Fixzinsvereinbarungen. Die Europäische Zentralbank und die Oesterreichische Nationalbank beobachten den völlig überhitzten Immobilienmarkt aber schon lange mit Argusaugen. Die Banken müssen bald neue Restriktionen bei Immo-Krediten einführen. So soll vermieden werden, dass Kreditnehmer bei der Abkehr von der bisherigen Nullzins-Politik massenweise ins Trudeln geraten. Noch größer ist aber die Sorge vor dem Preisauftrieb, der mit dem Run auf Immobilien verbunden ist.
Wer heute eine Eigentumswohnung kaufen will, muss in Österreich durchschnittlich rund 235.403 Euro hinblättern. Die Quadratmeterpreise liegen hier inzwischen bei 3.700 Euro. Der Traum vom gebrauchten Einfamilienhaus muss mit durchschnittlich 307.085 Euro bezahlt werden, das waren 13,5 Prozent mehr als noch 2020. Das gesamte Immobilienangebot ist Remax zufolge im Dezember mit 97.600 Objekten um 18,5 Prozent niedriger gewesen als im Dezember 2020.
Bei Remax selbst ist die Freude über den Boom groß. Die Gruppe, die mit 11.000 Transaktionen der größte Immobilienvermittler Österreichs ist, fuhr mit 2,258 Milliarden Euro um 26,3 Prozent höhere Honorarumsätze ein - auch weil man stärker ins Hochpreissegment eindringen konnte. Reikersdorfer: "2021 war das mit großem Abstand erfolgreichste Jahr der Firmengeschichte." Das Makler-Netzwerk soll heuer von 600 auf 650 aufgestockt werden. Für 2022 wird ein zweistelliges Umsatzplus erwartet.
Wo die Anstiege am höchsten ausfallen
Zur "Bilanz" von Remax Austria gehört auch immer ein Ausblick, für den alle regionalen Makler ihre Markteinschätzungen abgeben. Dieses Bild zeichnet vor allem für die Steiermark und Kärnten ein Bild starker Nachholeffekte bei den Preisen, wie Remax-Experte Anton Nenning erläuterte. "Im unteren Preissegment sind die Anstiege am höchsten," so Nenning. Weil in der Steiermark und Kärnten die Preise im Vergleich bisher noch moderat seien, wird hier seitens der Makler ein starkes Anziehen gesehen vor allem in Kärnten mit Steigerungen bei rund zwölf Prozent und knapp unter zehn Prozent in der Steiermark.
Schaumgebremst entwickelt sich derzeit lediglich der Markt für Gewerbeimmobilien. 2020 gab es eine bereits eine starke Corona-Delle, auch heuer könnte der Markt noch etwas schrumpfen. Das neue Arbeiten im Homeoffice hatte bei vielen Unternehmen zur Aufgabe ungenutzter Flächen geführt.
Claudia Haase