Infineon beherrscht sein Geschäft, nicht nur das der Halbleiterei. Eine Feier von fast zwei Stunden ohne jede Länge, irgendeinen Hänger hochspannend zu bestreiten, auch das ist Infineon am Freitag gelungen. Politikern nur gut eine Minute Zeit zu geben, um Wesentliches zu sagen, hat etwas Erfrischendes.
Bundeskanzler Sebastian Kurz bekam im Zwiegespräch mit Infineon-Österreich-Chefin Sabine Herlitschka - die übrigens von vielen Mitarbeitern fast wie eine Heldin gesehen wird und die sich mehrfach für das "großartige Team" bedankte - ein paar Sekunden mehr. Und er streute ihr Rosen: "Es ist schon Ihr Verdienst, dass diese Investition hier möglich geworden ist." Schließlich seien auch andere Standorte bei der Entscheidung zur Auswahl gestanden. Im Mai 2018 hatte er schon diese größte Einzelinvestition Österreich gemeinsam mit der Infineon-Spitze amkündigen dürfen - unter freilich ziemlich anderen Vorzeichen als heute. "Das ist wirklich ein guter Tag für Österreich," befindet kurz an diesem Freitag. Ein sehr konsensfähiger Satz.
Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) erinnert sich an den damaligen Anruf von Sabine Herlitschka und ihre Zusage, gemeinsam für Villach zu kämpfen. Geld spielte dabei auch eine Rolle, aber nur eine kleine, nie die Entscheidende. 100 Millionen Euro aus dem 150 Millionen schweren IPCEI-Programm der Europäischen Union sind in den vergangenen Jahren zur Unterstützung der Forschung und Entwicklung zur Infineon geflossen. Für Infineon-Konzernchef Reinhard Ploss haben auch die generell guten Rahmenbedingungen für Forschung in Österreich Gewicht in der Waagschale. "Wir sind nicht hier, weil wir hier billiger sind, das sind wir nicht, sondern weil wir besser sind und hier Innovationen auf den Boden bringen."
Martin Selmayr, Leiter der Vertretung der Europäischen Kommission in Österreich, radelte in den vergangenen Tagen rund um Villach durchs Land und war offenbar beeindruckt: "Hier rund um Infineon ist ein richtiges Ökosystem für ein europäisches Silicon Valley vorhanden." Weil in Brüssel gerade ehrgeizige Pläne für das Hochfahren einer eigenen Chipindustrie geschmiedet werden, blies er in der Draustadt kräftig ins Horn: "Ab heute holt Europa auf, diese Woche geht´s los. Wir haben verstanden, weniger naiv zu sein und die Kräfte zu bündeln."
Videobotschaften aus aller Welt
Zwischen das schnelle Wechselspiel auf der Bühne von jeweils einem Spitzenpolitiker und einem Infineon-Spitzenvertreter wurden Videobotschaften aus aller Welt eingespielt. Magna-Chef Günter Apfalter dürfte einigen aus der Seele gesprochen haben: Die aktuelle Chip-Krise führe die Abhängigkeit von Asien nur allzu deutlich vor Augen. "Ich begrüße daher die Investition von Infineon in Österreich, um dadurch die Abhängigkeit in Zukunft zu reduzieren und nachhaltige, technologisch hochwertige Arbeitsplätze zu schaffen." Für Arbeitsminister Martin Kocher ist es aufgrund des hohen Ausbildungsniveaus kein Zufall, dass die Investition in Villach passiert ist. "Daran sieht man, dass Digitalisierung Arbeitsplätze schafft und nicht vernichtet," so Kocher, "wenn man Innovationsführer ist." Der Präsident der Industriellen-Vereinigung, Georg Knill, wies auf die Herausforderungen der ökosozialen Steuerrefom hin, die sich nicht negativ auf die Innovationsfreudigkeit auswirken dürfe. Sein Credo: "Wo ein Wille, da ein Weg." Klima- und Innovationsministerin Leonore Gewessler (Grüne), zeigte sich zuversichtlich, dass die Chips made in Villach, die enorme Beiträge zur besseren Energieeffizienz leisten können, die Lösungen der Zukunft sind.
Landeshauptmann Peter Kaiser betonte, dass für dieses Mega-Projekt "alle innerhalb ihrer Zuständigkeit das Beste gegeben haben". Dass Kärnten ein Zukunftsraum für eine Art Silcon Valley sein könne, dem wolle er nicht widersprechen.
"Aus Villach kommt Großartiges"
Infineon-Vorstand Reinhard Ploss hatte in der Pressekonferenz vor der Eröffnung auf die Frage, ob es an den Standorten denn noch genug Platz für neue Werke salopp gemeint: "Der Magistrat in Villach macht schon die Raumplanung, bevor wir wissen, ob wir ein neues Werk brauchen." Villachs Bürgermeister Günther Albel nahm den Ball auf: "Das war leicht untertrieben." Es mache ihn stolz, dass aus Villach Großartiges komme, das die Welt weiterentwickelt habe.
Der Spirit bei Infineon in Villach, über den Finanzchef Oliver Heinrich sprach, der war dann in einem Moment auch intensivst zu spüren: Als der Villacher Produktions-Chef Thomas Reisinger symbolisch den ersten Wafer aus der Fabrik seinem Chef Reinhard Ploss überreichte, war der Blickkontakt zwischen beiden nahezu rührend. Reisinger etwas später: "Ich bin wirklich zutiefst dankbar, dass wir das hier machen durften und auch geschafft haben."
Mit Villacherin verheiratet
Ploss selbst gibt gerne etwas lapidar klingende Antworten, wenn er nach seinen Emotionen gefragt wird. Er war in den 90er Jahren ein Teamleiter in Villach, ging nach München, kam später noch einmal als Chef her, ist mit einer Villacherin verheiratet und hat tiefstes Vertrauen in das heute von Herlitschka geführte Unternehmen. Das Megaprojekt ist sozusagen die Krönung seiner in gut einem Jahr zu Ende gehenden Karriere.
Claudia Haase