Am ersten Tag mit Befragungen im U-Ausschuss zur Commerzialbank standen zwar wichtige Namen auf der Zeugenliste, inhaltlich blieben die Fortschritte allerdings recht überschaubar. Martin Pucher, zentrale Figur in dem Skandal, kam aus gesundheitlichen Gründen nicht.

So hat die Befragung von Ex-Bankvorständin Franziska Klikovits mit kaum konkreten Antworten geendet. Klikovits machte zu Beginn geltend, dass sie nicht vom Bankgeheimnis entbunden worden sei, weshalb sie keine Antworten zu bankrelevanten Themen, internen Abläufen und dergleichen geben könne. Daraufhin wurde festgelegt, sie an einem weiteren Termin zu befragen, wobei die Befragung teils nicht medienöffentlich sein wird.

Es fing mit 19 Jahren an

Klikovits gab eingangs bekannt, dass sie aus rechtlichen Gründen nicht von der Verschwiegenheitspflicht entbunden sei. Gleichwohl betonte sie, mit den Ermittlungsbehörden nach bestem Wissen zu kooperieren. In ihrem Eingangsstatement sagte die frühere Bankmanagerin, dass sie als Schaltermitarbeiterin mit 19 Jahren gebeten worden sei, die Beschönigung eines Kontoauszuges vorzunehmen. Auch habe sie die folgenschwere Entscheidung getroffen, an der Verschleierung mitzuwirken, bis ein Ausgleich des entstandenen Finanzdeltas gefunden werde.

"Ich lebte in meiner eigene Welt, war eigentlich nur mehr in der Bank", schilderte Klikovits. "Ich kann nicht in Worte fassen, wie leid es mir tut", bedauerte sie. Sie würde alles dafür geben, das Geschehene rückgängig zu machen, "aber ich kann es leider nicht mehr ungeschehen machen". Das Einzige, was sie tun könne, sei, den Ermittlungsbehörden für jede Information zur Verfügung zu stehen und "alles schonungslos offenzulegen".

Aussageprotokolle

Verfahrensanwalt Michael Kasper verwies darauf, dass es hinsichtlich des Bankgeheimnisses um eine Interessensabwägung gehe. Ob eine Frage nicht beantwortet werden könne, werde daher im Einzelfall zu prüfen sein.

Auch Verfahrensrichter Walter Pilgermair brachte zum Ausdruck, es sei nur in geringen Umfängen vorstellbar, dass man sich auf das Bankgeheimnis berufen könne. Auch die Gefahr einer weiteren Strafverfolgung sei seiner Meinung nach in jenen Bereichen nicht gegeben, zu denen Klikovits schon vollständig vor der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ausgesagt habe.

Sowohl der Verfahrensanwalt als auch der Verfahrensrichter befürworteten schließlich den Vorschlag, Klikovits erneut zu befragen, wenn - wie von Klikovits angeboten - die Akten sämtlicher Protokolle über Aussagen, die die Ex-Bankvorständin bereits bei der WKStA getätigt habe, dem U-Ausschuss zur Verfügung gestellt würden. Ausschussvorsitzende Verena Dunst (SPÖ) erklärte sich mit der Vorgangsweise einverstanden und beendete die Befragung.

Blümel: "Nicht zuständig"

Die Befragung von Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) im Untersuchungsausschuss hat ebenfalls wenig neue Erkenntnisse gebracht. Der Untersuchungsgegenstand des Ausschusses beziehe sich auf das Land Burgenland und falle nicht in seine Zuständigkeit, betonte Blümel. Auch Akten aus dem Finanzministerium würden nicht geliefert, zumal dort keine Unterlagen betreffend der Vollziehung der Organe des Landes vorliegen würden.

Gernot Blümel
Gernot Blümel © APA/HANS PUNZ

Blümel sprach in seinem Eingangsstatement vor dem U-Ausschuss davon, dass seine Einladung nach Eisenstadt "wohl eher als bewusste Ablenkung und nicht als ernst gemeinter Beitrag zur Aufklärung zu verstehen ist, weil hier die Verantwortung der Organe des Landes Burgenland untersucht werden soll". Das Finanzministerium sei nicht für die Bankenaufsicht zuständig, die Finanzmarktaufsicht (FMA) sei eine weisungsfreie Behörde.

Keine Akten vom Bund

Deshalb seien die Organe des Bundes auch nicht dazu verpflichtet, Akten zu liefern. Verfahrensrichter Walter Pilgermair bat dennoch darum: "Wenn uns all dieses Substrat fehlt, dann wird das am Ende ein sehr dürftiges Ergebnis des Beweisverfahrens sein. Ohne die Akten verhungere ich mit meinem Erkenntnisbericht", betonte er. Blümel nahm das zur Kenntnis, verwies aber darauf, dass seines Wissens nach keine entsprechenden Akten vorhanden seien.

In Hinblick auf die von der FMA an Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) weitergegebene Information zur bevorstehenden Schließung der Commerzialbank am 14. Juli habe die Finanzprokuratur klargestellt, dass es sich um Amtshilfe handle, zumal das Land als Revisionsverband für die Aufsicht der Hauptaktionärin der Commerzialbank zuständig gewesen sei. "Das dürfte im Wege der Amtshilfe auch in Ordnung gewesen sein", sagte Blümel. Er selbst sei am 14. Juli gegen 15.30 Uhr rechtskonform von der FMA informiert worden.

Angesprochen auf angekündigte Amtshaftungsklagen gegen die Republik betonte Blümel, dass ihm bis dato lediglich eine Klage gegen das Land, die tatsächlich eingegangen sei, bekannt sei. Eine Frage nach mutmaßlichen Geschenken von Ex-Bankchef Martin Pucher an Prüfer und Vertreter der Nationalbank sowie nach damit verbundenen dienstrechtlichen Verletzungen beantwortete der Finanzminister mangels Zuständigkeit nicht.

Kritische Doppelrolle

Mehrmals verwies Blümel in seinen Antworten auf eine Arbeitsgruppe aus Finanzministerium, Nationalbank, FMA und unabhängigen Experten, die sich damit befasst, die Arbeitsabläufe der Aufsicht zu analysieren, Überlegungen über zusätzliche Instrumente anzustellen und die richtigen Schlüsse für die Zukunft zu ziehen. Als erstes Zwischenergebnis sehe diese die Doppelrolle des Wirtschaftsprüfers kritisch.

Dass der Wirtschaftsprüfer TPA vom Land zur Prüfung der Genossenschaft als Bankeignerin beauftragt worden sei, obwohl diese bereits die Bank geprüft habe, werfe Fragen auf. Das sei eine Schwachstelle. "So etwas soll in Zukunft nicht mehr möglich sein, Banken und dahinterstehende Genossenschaften sollen von unterschiedlichen Prüfern geprüft werden", betonte Blümel.

Zahlreiche Fragen beantwortete er aufgrund des mangelnden Bezugs zum Untersuchungsgegenstand oder aufgrund der mangelnden Zuständigkeit nur freiwillig oder gar nicht. Vertreter der Fraktionen reagierten darauf teilweise genervt - so etwa SPÖ-Fraktionsführer Roland Fürst auf die Bitte, seine Frage zu wiederholen: "Das hat keinen Sinn."

Hinter den Kulissen

In einer vertraulichen Befragung durch den U-Ausschuss gaben indes zwei Informanten Einblicke in die Abläufe in der Bank. Die Befragung sei "sehr erkenntnisreich" gewesen, betonte SPÖ-Fraktionsführer Roland Fürst im Anschluss. Sie habe "unglaubliche Rituale und Kulturen" sowie "vorsintflutliche Kommunikation mit Handzetteln und keiner Digitalisierung" offenbart.

Die Aussagen der beiden Informanten hätten ihn in seiner Annahme bestätigt, dass es sich um einen Kriminalfall handle, bei dem die Aufsichtsorgane des Bundes versagt hätten, so Fürst. Ein Informant habe bereits im Jänner betont, dass "Gefahr im Verzug" sei, passiert sei aber nichts. "Man hätte viel Geld retten können und den Geschädigten viel Leid ersparen", so Fürst.

Er sei nach den Befragungen überzeugt, dass die Malversationen auffallen hätten müssen. "Der Aufsichtsrat war gleichzeitig einer der besten Kunden der Bank", sagte Fürst. Über den Führungsstil von Ex-Bankchef Martin Pucher habe man erfahren, dass dieser "nicht existent" gewesen sei. Pucher sei in der Bank "ganz wenig zugegen" gewesen, das Verhältnis sei distanziert gewesen.

Klage gegen das Land

Am Landesgericht Eisenstadt ist diese Woche die erste Klage gegen das Land Burgenland im Zuge der Aufarbeitung der Commerzialbank-Pleite eingegangen, berichtet das Wirtschaftsmagazin "Trend". Ein Bankkunde, vertreten von der Wiener Anwaltskanzlei Brandl & Talos, fordert darin knapp 87.500 Euro. Die burgenländische Landesregierung habe schuldhaft gesetzliche Pflichten im Zusammenhang mit der Revision der Genossenschaft, dem Eigentümer der Bank, verletzt, heißt es. Denn das Land hat die Wirtschaftsprüfungskanzlei TPA mit der Revision beauftragt, obwohl diese auch Abschlussprüfer der Commerzialbank war.