Sebastian Kurz will einen strengeren Vollzug beim Arbeitslosengeld, denn es gebe viel Missbrauch. „Sozialleistungen sind sicherlich nicht für Menschen da, die nicht arbeiten wollen“, sagte der Kanzler bei einer Pressekonferenz, wo es um ein ganz anderes Thema ging – den Start des 5G-Mobilfunknetzes von A 1.

Der Hintergrund sind publik gewordene Zahlen, wonach 2019 wieder mehr Sanktionen gegen Bezieher von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe ausgesprochen worden sind. 145.671 Mal wurden, wie berichtet, die Leistungen gesperrt, ein Anstieg um 9 Prozent im Vergleich zu 2018.

Art der "Anreize" unklar

„Es ist gut, wenn es hier einen konsequenten Vollzug gibt“, erklärt Kurz. Die ÖVP startet einen weiteren Vorstoß, die Mobilität auf dem Arbeitsmarkt zu erhöhen. Sie will Anreize schaffen, damit Arbeitslose aus Ostösterreich offene Jobs in Westösterreich annehmen, vor allem, wenn die Betroffenen nicht verwurzelt sind. Wie die Anreize aussehen sollen, ist noch unklar, doch steht der Punkt auch im Regierungsprogramm.

Für Arbeitsministerin Christine Aschbacher zeigt die Zunahme der Sanktionen, dass oft zumutbare Jobs vorhanden wären. Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck verweist in dem Zusammenhang auf die hohe Arbeitslosigkeit in Wien – im Vergleich mit Städten wie München, Berlin, London und Hamburg. SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch hingegen warnt, hinter den „Anreizen“ verberge sich eine geplante Kürzung des Arbeitslosengeldes.

Anders als im Bund ist die Situation in der Steiermark. Die Zahl der Sanktionen ging 2019 um 1,1 Prozent auf 15.105 zurück. „Wir halten uns dabei sehr konsequent an die gesetzlichen Regelungen“, versichert Karl-Heinz Snobe, Chef des AMS, dass es keine anderen Vorgaben gebe.

Wann es zur Sanktion kommt

Konkret greifen die Paragrafen 9, 10, 11 und 49 des Arbeitslosenversicherungsgesetzesein. Am relativ häufigsten verlieren Arbeitssuchende die Unterstützung dann, wenn sie eine zumutbare Arbeit oder eine Schulung nicht annehmen bzw. zu einer Maßnahme des AMS unentschuldigt nicht kommen.

Österreichweit ging diese Zahl 2019 um rund ein Drittel nach oben (auf 60.000), während sie in der Steiermark um zwei Prozent (auf 6162) sank. In diesen Fällen werden Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe für sechs Wochen gesperrt, im Wiederholungsfall für acht Wochen.

Überregionale Vermittlung verstärkt

„Der Anstieg geht darauf zurück, dass es durch den hohen Arbeitskräftebedarf der Wirtschaft und durch unsere verstärkten Bemühungen um überregionale Vermittlung deutlich mehr Stellenvorschläge und auch Rückmeldungen der Unternehmen gab, die Ausgangspunkt der Sanktionen wegen Missbrauchs von Arbeitslosengeld waren“, erklärt AMS-Chef Johannes Kopf.

Viel seltener ist gänzliche Arbeitsunwilligkeit laut Paragraf 9. Doch nahm auch sie zu – im Bund um 53 Prozent (797 Fälle), in der Steiermark um 18,3 Prozent (84 Fälle). Die Folge ist, dass das Arbeitslosengeld ganz gestrichen wird.

Das Versäumen einer Kontrolle löste in der Steiermark 3682 Sanktionen (plus 6,4 Prozent) aus, im Bund 52.253 (minus 6 Prozent). Auch wer seinen Job selbst aufgibt, erhält vier Wochen kein Arbeitslosengeld.