Die Pläne von AT&S-Chef Andreas Gerstenmayer sind ehrgeizig. Seit Längerem trimmt er den steirischen Hightech-Konzern um, peilt mittelfristig die zweite Umsatzmilliarde an. Allerdings, im Ende März abgeschlossenen Geschäftsjahr, wurde die erste Milliarde haarscharf erreicht. Der Gewinn rutschte von 89 auf 21,5 Millionen Euro ab.
Die Pandemie forderte ihren Preis. Das Unternehmen fertigt in großem Stil in China in mehreren Werken in Schanghai und Chongqing. Aber der herbe Knick hatte auch andere Gründe. Die Auslastungsbalance zwischen den einzelnen Sparten sei nicht so gut wie früher gelungen, nennt Gerstenmayer eine Ursache für den schwachen Ertrag. Das letzte Quartal hätte das etwas ausbügeln sollen, dann kam Corona mit kurzfristigem Stillstand in zwei Werken. Bei den Preisen musste AT&S Zugeständnisse machen.
"Die Erholung wird stattfinden"
Einen konkreten finanziellen Ausblick gibt es vorerst nur für das laufende Quartal. Umsatz und Gewinn sollten „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ wieder so hoch ausfallen wie vor der Krise. An der zweiten Umsatzmilliarde gibt es aus Gerstenmayers Sicht nichts zu rütteln. „Die nächsten ein bis eineinhalb Jahre werden nicht einfach werden“, sagt er, „aber die Erholung wird stattfinden.“ Auf die Perspektive von fünf Jahren werde man alle Ziele erreichen. Die sind tatsächlich hochgesteckt: Gerstenmayer stellt ab 2025 ein „Profitabilitätslevel von 25 bis 30 Prozent“ in Aussicht.
Dafür sind Milliardeninvestitionen in China zu stemmen. In Chongqing errichtet AT&S sein drittes Werk, nach siebenwöchigem Stillstand laufen die Arbeiten inzwischen voll weiter.
Der Plan ist, beim massiven Digitalisierungsschub – 5G, Internet of Things, künstliche Intelligenz – mit neuen Produktgruppen zu punkten. Der einst reine Leiterplatten-Hersteller setzt inzwischen auf deutlich erweiterte Lösungen, die dann etwa in Smartphones, in Server-Farmen, medizinischen Geräten oder als Kameras oder Sensoren in Autos verbaut werden.
Jobabbau ist derzeit kein Thema
Dass die Absatzprobleme der Autoindustrie auch AT&S schwer in Mitleidenschaft ziehen könnten, wiegelt Gerstenmayer ab. „Auch wenn der Markt zurückgeht, bedeutet das nicht, dass das auch auf Systemebene so ist.“ Aktuell mache die eingebaute Elektronik zwischen 25 und 30 Prozent des Wertes eines Autos aus. Der Anteil soll bis 2030 auf rund 50 Prozent steigen. „Man kann Marktanteile gewinnen“, so Gerstenmayer. „Auch wenn wir erst einmal eine Delle sehen.“
Weil nicht klar ist, wie tief die wird, werden die laufenden Investitionen bei 80 statt 100 Millionen Euro liegen. Neues Personal wird aktuell nicht eingestellt. Jobabbau ist derzeit kein Thema. Sollten die Aufträge wegbrechen, wäre erst einmal Kurzarbeit das Gegenrezept.
Gerstenmayer selbst stellt sich jedenfalls für mehrere Monate auf eine Doppelbelastung ein. Finanzchefin Monika Stoisser-Göhring hat sich mit dem Bilanzabschluss aus gesundheitlichen Gründen aus dem Vorstand verabschiedet. Ihre Agenden übernimmt interimistisch Gerstenmayer.
Claudia Haase