Österreich stellte im Vorjahr die EU-Konkurrenz in den Schatten: In keinem anderen Land wurde pro Einwohner so viel Fotovoltaik-Leistung installiert wie hier. Dabei wurde die enorme Leistung von 2,6 Gigawattpeak ins Netz integriert. „Das ist eine Erfolgsgeschichte“, sagt Barbara Schmidt. Die Generalsekretärin des Branchenverbands Oesterreichs Energie betont das besonders, weil es in „Einzelfällen“ keinen Netzzugang für Investitionswillige gab.
Jetzt macht sich der Verband, in dem alle Stromerzeuger organisiert sind, auf Basis einer neuen Studie für einen noch umfangreicheren PV-Ausbau stark, bei dem auch die Freiflächen-Anlagen eine viel größere Rolle spielen müssen. Um die Klimaziele zu erreichen, dürfte man sich in den nächsten Jahren keinesfalls auf Dachflächen beschränken, so Schmidt. Denn bis 2040 brauche Österreich fünf Mal so viel PV-Leistung. Wenn sich die Nachfrage nach Strom aus Erneuerbaren bis 2040 verdopple, müsse insgesamt die installierte Leistung verdreifacht werden, was zusammen mit Wind- und Wasserkraft auch grundsätzlich machbar sei.
Gesamtes PV-Potenzial bis 2040 berechnet
Für die Studie hat Energieexperte Hubert Fechner Österreichs gesamtes PV-Potenzial bis 2040 berechnet. Weil die Preise zumindest für die Paneele massiv gesunken sind, sieht Fechner bereits ein dreimal so hohes Potenzial wie bei seiner letzten Studie vor drei Jahren. Zudem seien die Wirkungsgrade immer besser. „Heute macht bei einer Dachneigung von 30 Grad sogar eine Anlage auf der Nordseite Sinn“, so Fechner. Auch Wandelemente lieferten inzwischen gute Stromerträge.
Durch die neuen Möglichkeiten hält er bis 2040 die Installation von rund 10,7 Terawatt-Stunden (TWh) Kapazität für realistisch – alle Einschränkungen technischer oder wirtschaftlicher Art sind da bereits weggerechnet. Das PV-Potenzial auf Parkplätzen, Straßen, Zäunen, Schallschutzwänden, Deponien oder auf Freiflächen schätzt der Experte auf 2,8 TWh. Bis zu den Zielen für 2040 bleibt dann allerdings noch immer eine große Lücke, die mittels Anlagen auf Freiflächen gefüllt werden müsse.
Der Netzinfrastrukturplan, der die offizielle Richtschnur für den Ausbau bis 2040 ist, sieht 41 TWh Erzeugung aus PV vor, womit über Freiflächen-PV-Anlagen sogar 21 TWh ans Netz kommen müssten. Mindestens zwölf TWh müssten es sein, wenn man sich auf das Ziel bezieht, das die Stromerzeuger mit 32,6 Terawatt PV-Leistung in ihrer bisherigen „Stromstrategie“ anpeilen.
„Ideal für die Renaturierung“
„Deshalb ist es wichtig, alles parallel zu erschließen“, so Fechner. „Um auch den Firmen eine kontinuierliche Entwicklung zu ermöglichen, wäre es gut, wenn wir die zwei Gigawatt aus 2023 bis 2040 in jedem Jahr fortsetzen könnten. Das wäre für das Handwerk sehr wichtig.“
Fechner, der sich seit 38 Jahren mit Solarenergie beschäftigt, sieht auch in der Agri-PV große Chancen. Vorteil sei ein Doppelnutzen auf derselben Fläche. Fechner räumt aber auch „Herausforderungen“ ein, etwa in Bezug auf die Bodenbearbeitung. In aktuellen Obstbauversuchen bringe die Überdachung Vorteile. Österreich sei gerade einer Gruppe mit weltweit 22 Ländern beigetreten, in der es darum gehe, voneinander zu lernen. Auf stillgelegten Flächen seien PV-Anlagen ideal für die Renaturierung. Weil bis auf eine Mahd im Jahr diese Flächen nicht betreten würden, zeige sich dort nach wenigen Jahren eine Biodiversität, die es sonst kaum mehr gebe.
„Anreize, um den Strom vor Ort optimal zu managen“
Zuletzt haben die hohen Strommengen aus PV-Anlagen aber tagsüber die Strompreise in den Keller geschickt, oft sogar in den negativen Bereich. Fechner: „Es braucht Anreize, um den Strom vor Ort optimal zu managen, wenn der Markt keinen Bedarf hat.“ Dabei gehe es um Eigenverbrauch und Lastverschiebung, aber durchaus auch darum, den Strom einfach nicht ins Netz zu schicken. Fechner sieht das nicht als Problem: „Nur weil ich ein Handy habe, muss ich es ja auch nicht 24 Stunden am Tag nutzen.“