„Meilenstein“ - dieses Wort soll an diesem Mittwochvormittag im BMW-Motorenwerk in Steyr oft fallen. Das Kernstück der Zeitenwende, ein neu konzipierter E-Motor, ist teilweise dekorativ mit Camouflage-Folie beklebt. Ein Zebramuster, mit dem auch Autos verhüllt werden, damit die Konkurrenz nicht zu viel erkennen kann. Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) und Steyrs Bürgermeister Markus Vogl (SPÖ) helfen vereint Klaus von Moltke beim Drücken des symbolischen Startbuzzers. Von Moltke ist nicht nur Hausherr in Steyr, er ist der Motorenchef der gesamten Gruppe. Wenn er von „Meilenstein“ spricht, hat das Gewicht.
25 Stück pro Monat
Es ist der Start der Vorserienproduktion einer neuen E-Motoren-Generation, mit der BMW offenbar ab Ende 2025 den Markt aufrollen will. Bis dahin wird getestet, was das Zeug hält, pro Woche werden dafür 25 Stück der wertvollen Motoren fertig montiert. Die Zahl ist klein, aber es wird eine neue Ära eingeläutet: Seit mehr als 40 Jahren werden in Steyr erfolgreich Verbrenner-Motoren produziert – und zwar für gut die Hälfte aller weltweit verkauften BMW.
Vom Investitionsvolumen von einer Milliarde Euro, das BMW bis 2030 in Steyr in die Hand nimmt, sind gut zwei Drittel bereits auf den Boden gebracht. Von den 700 Forschern und Entwicklern in der Industriestadt ist ein Großteil bereits längst mit der E-Mobilität beschäftigt. Die Massenproduktion geht im Herbst 2025 los. Wenn das Ziel von 600.000 E-Motoren 2028 erreicht wird, ist das etwa die Hälfte der aktuell gefertigten Verbrenner-Antriebe. Landeshauptmann Stelzer geizt nicht mit Superlativen: „Ich bezeichne den heutigen Tag als epochal.“
Die Münchner Autobauer sind sich bei aller propagierten Technologieoffenheit sicher, dass dem E-Motor eine große Zukunft bevorsteht. „Wir in der Group nehmen uns vor, dass bis 2030 zumindest die Hälfte des Absatzes die E-Mobilität betreffen wird,“ so von Moltke. „Transformation, der Begriff ist in aller Munde,“ sagt er bei der Eröffnung des neuen Werkes. BMW zeige in Steyr, wie die Praxis aussehe.
Leistung ist noch geheim
Die Vorserienmotoren werden auf Prüfständen auf Herz und Nieren getestet, aber auch im normalen Fahrbetrieb und auf Rennstrecken geschunden. 30 Prozent mehr Reichweite soll diese sechste Motorengeneration aus Steyr bieten, bei 30 Prozent kürzerer Ladezeit. Details, wie die Leistung bleiben noch geheim. Im Vollausbau werden 2000 Mitarbeiter die E-Motoren montieren. Im ungarischen Debrecen werden sie dann in die Wagen der „neuen Klasse“ eingesetzt. Bis dahin soll der Beschäftigtenstand von gut 4500 Mitarbeitern gehalten werden. Man lege den Fokus darauf, den Aufbau der E-Mobilität mit der Stammmannschaft zu schaffen, so von Moltke.
„Wir sehen uns beim E-Antrieb am Beginn einer langen Entwicklung, wie es beim Verbrenner vor hundert Jahren war,“ sagt Josef Honeder, Chef des Entwicklungsstandortes Steyr. Technologieoffenheit, die seitens des Konzerns immer wieder betont wird, umfasst allerdings auch, dass man sich bereits intensiv mit Wasserstoff-Antrieben beschäftigt. „Wir haben Prototypen-Flotten,“ so von Moltke. „Wir haben hier noch keinen konkreten Auftrag für Steyr, aber wir bewerben uns.“
Die Nachfrage nach elektrischen BMW ist jedenfalls schon groß, sagt Alexander Bamberger, Chef der BMW-Group in Austria. „Im ersten Halbjahr waren schon 40 Prozent der neu zugelassenen BMW elektrisch.“