Die stockenden Kollektivvertrags-Verhandlungen und Streiks bei den Metallern bildeten am Dienstag den Anlass für die Wirtschaftskammer-Spartenobleute des Handels, Gewerbe und Handwerks sowie der Industrie, gemeinsam Position zu beziehen. Sie appellierten am Dienstag an die Kollektivvertrags-Verhandler der Arbeitnehmer, „sich ihrer Verantwortung für die Arbeitsplätze im Land bewusst zu sein“. Die drei Branchen stünden für 1,74 Millionen Mitarbeiter, also rund zwei Drittel aller unselbstständig Beschäftigten. In keinem ihrer Wirtschaftsbereiche seien die Forderungen der Gewerkschaft umsetzbar.

„Viele schleichende Schließungen“

Von einem „schwierigen Tag“ sprach Rainer Trefelik, der Obmann der Bundessparte Handel in der WKO. Die reale Umsatzentwicklung im Handel sei negativ, das stelle enorme Herausforderungen für die Betriebe, viele davon KMU, dar. Es gelte, „einen tragbaren Kompromiss zu finden“, der die Betriebe nicht überfordere. Der reale Umsatz im Handel sei im ersten Halbjahr um 3,3 Prozent gesunken, die Forderung nach gesamt gerechnet 14 Prozent mehr Lohn sei daher „weit von leistbar und wirtschaftlicher Realität entfernt.“ Trefelik verweist auf „laufende Großinsolvenzen“ im Handel, dramatischer seien noch die „vielen schleichenden Schließungen“.

„Sind in einer Vollrezession“

„Wir sind in keiner milden, sondern in einer Vollrezession“ meint etwa Sigi Menz, der Obmann der Bundessparte Industrie in der WKO. Er beklagt massive Auftragsrückgänge im Export und stark gestiegene Lohnstückkosten von 10,2 Prozent. „Wesentlich höher als in Deutschland.“ Die Gewerkschaft habe sich „nicht einen Millimeter“ in den KV-Verhandlungen mit der Metalltechnischen Industrie bewegt, so Menz. Die von der Gewerkschaft eingeforderte „Benya-Formel“, die neben der Inflationsrate die Entwicklung der Produktivität miteinberechnet, würde diesmal zu einem Abschluss unter der Inflation führen, so Menz. Denn der Produktivitätsrückgang betrage 1,3 Prozent, dieser sei von der rollierenden Inflation von 9,6 Prozent abzuziehen, so Menz. Bei der Herstellung von Waren müsse man heuer von der angewandten rollierenden Inflation sogar 2,7 Punkte abziehen. „Dann käme man auf Steigerungen von 6,9 Prozent“, sagte Menz zum Blickwinkel der Arbeitgeberseite.

„Kreative Lösungen“

In diesem Jahr brauche man kreative Lösungen, nicht die Benya-Formel, erklärten die Obfrau der Sparte Gewerbe und Handwerk Renate Scheichelbauer-Schuster, Trefelik und Menz unisono. Die Arbeitnehmervertreter müssten dringend flexibler werden. Das sind aus Sicht der Arbeitgeber neben einer gewissen Inflationsabgeltung vor allem auch Einmalzahlungen und etwaige Streckungen der Abschlüsse über einen längeren Zeitraum. „Bisher haben wir (von den Gewerkschaften, Anm.) aber nur ein ‚Njet‘ in sowjetischer Art und Weise gehört, sonst gar nichts“, monierte Trefelik.

„Kämpfen ums Überstehen“

„Wir brauchen jetzt einen sozialpartnerschaftlichen Zusammenhalt, eine gemeinsame Verantwortung für den Wirtschaftsstandort Österreich“, sagte Scheichelbauer-Schuster stellvertretend für alle anwesenden Spartenobleute. „Wir kämpfen nicht nur für unsere Betriebe und Branchen, sondern um das gemeinsame Überstehen der Rezession. Das ist für die Existenz im Inland und für den Export überlebensnotwendig.“

„Einmalzahlungen verhandeln“

„Uns muss ein Balanceakt gelingen, mit Beharren wird das nichts. In der wirtschaftlichen Situation, in der wir uns befinden, sollten Einmalzahlungen ein fixer Bestandteil sein“, verwies Menz auf die in Österreich über vergleichbaren EU-Staaten liegende Inflation. „Das sollte nicht nur der Schnittlauch auf dem Butterbrot, sondern Teil der Verhandlungen sein“, sagte er in Richtung PRO-GE-Chefverhandler Binder. Wenn sich die Situation wieder ändern könne auch wieder ohne Einmalzahlungen vorgegangen werden.

„Sehr triste Situation“

Scheichelbauer-Schuster verwies auf eine sehr triste Situation in jenen acht Gewerbe- und Handwerksbranchen, die dem Metallgewerbe-KV unterliegen, von der speziell kleine und mittlere Betriebe betroffen seien.