Wie wirkt sich das Comeback der Zinsen aus? Wie lässt sich die nach wie vor hohe Inflation möglichst abfedern? Wir haben in den Chefetagen der Banken nachgefragt.
„Auf eigene Bedürfnisse abstimmen“
CHRISTIAN JAUK: Der Weltspartag ist in Österreich aus Tradition in der Bevölkerung stark verankert. Die Gründungsväter des Weltspartages wollten damit das Sparen besonders fördern. Sparen dient dem Schutz und der Vorsorge des Individuums und erfüllt eine wichtige volkswirtschaftliche Funktion. Nachdem das Zinsniveau über viele Jahre beinahe bei null lag, hob die Europäische Zentralbank in den letzten Monaten die Zinsen wegen der stark gestiegenen Inflation kräftig an. Wer jetzt bereit ist, Zinsbindungen einzugehen, bekommt Veranlagungen um die vier Prozent angeboten. Dennoch fühlen sich manche Sparer weiterhin verunsichert, weil die Inflation über der möglichen Verzinsung liegt. Für langfristige Anleger bietet der Kapitalmarkt jedoch hervorragende Chancen, da viele Wertpapiere in letzter Zeit deutlich billiger geworden sind. Der Anlageerfolg am Kapitalmarkt ist unbedingt auf den Risikoappetit der persönlichen Anlagebedürfnisse abzustimmen. Dafür empfehle ich, einen Profi zurate zu ziehen.
„Ausgewogen und breit aufstellen“
MONIKA CISAR LEIBETSEDER: Nach sieben mageren Jahren können Sparer nun endlich wieder Erträge aus ihren Ersparnissen erzielen. Spar- bzw. Online-Einlagen bei Banken sind wieder deutlich attraktiver geworden und führen auch bei uns zu entsprechend starker Kundennachfrage. Aktuell bieten wir Einlagenprodukte mit neun, zwölf und 24-monatiger Bindung mit bis zu vier Prozent Zinsen p.a. an, das reicht allein allerdings noch nicht aus, um die Inflation auszugleichen. Eine ausgewogene und breit aufgestellte Vermögensstruktur kann eine hohe Inflation besser abfedern als herkömmliche Sparprodukte allein. Mit Anleihen-Laufzeitenfonds kann man sich mittelfristig das aktuell hohe Zinsniveau für bis zu 5,75 Jahre sichern. Für den längerfristigen Anlagehorizont bieten sich Aktienfonds und offene Immobilienfonds an, sowohl für Einmalerläge, aber vor allem auch für die monatliche Ansparung. Ein umfassendes Beratungsgespräch zur individuellen Erreichung der persönlichen Anlageziele ist jedenfalls empfehlenswert.
„Neue Chancen auf Kapitalmärkten“
PHILIPP BORUTA: Die Inflation in Europa sinkt bereits das ganze Jahr über, weitere Zinserhöhungen werden damit immer unwahrscheinlicher. Der starke Zinsanstieg bietet neue Chancen auf den Kapitalmärkten: Anleihen sind in diesem Umfeld wieder eine lohnende Anlageklasse. Auch strukturierte Produkte bieten interessante Möglichkeiten. Gleichzeitig sollten Qualitätsaktien weiterhin einen Stammplatz im Portfolio haben. Die Wachstumsaussichten sind aufgrund höherer Renditen etwas eingetrübt, doch solide Unternehmen, die ihre Gewinne im inflationären Umfeld stabil halten können, verfügen mittelfristig nicht zuletzt durch ansprechende Dividenden über ein attraktives Ertragsprofil. Im aktuell sehr unsicheren Anlageumfeld kommt es auf den richtigen Mix aus Aktien und Anleihen an. Die Erfahrung aus 30 Jahren Schoellerbank Vermögensverwaltung zeigt, dass Investieren zum Vermögenserhalt in jeder Marktphase unerlässlich ist.
„Zeithorizont der Anlage prüfen“
MARTIN SCHALLER: Die Zinsen sind zurück und wir gehen davon aus, dass das längerfristig so bleiben wird. Aktuell liegen 3,2 Milliarden Euro auf den Girokonten der steirischen Raiffeisen-Kundinnen und Kunden, diese Guthaben gehen oft über den sogenannten Notgroschen weit hinaus, ein beträchtlicher Teil davon könnte höher verzinst veranlagt werden. Generell ist ein ausgewogener Mix aus verschiedenen Spar- und Veranlagungsformen das Maß der Dinge. Dadurch können unterschiedliche Ertragserwartungen und Schwankungen auf unterschiedlich lange Veranlagungshorizonte abgedeckt werden. Raiffeisen Steiermark bietet vor diesem Hintergrund bereits seit Herbst 2022 verschiedene Lösungen sowie entsprechende Laufzeiten für jede Lebens- und Finanzlage an. Mit den Oktober-Gesprächen haben wir das Angebot noch einmal ausgeweitet. Man sollte sich daher vor einem Beratungsgespräch überlegen, welchen Sparbetrag man länger binden kann. Denn je länger die Bindung, desto höher in der Regel die Verzinsung.
„Längere Bindungen sind gefragt“
HERTA STOCKBAUER: Die Spareinlagen mit längeren Bindungen haben Hochkonjunktur. Dementsprechend gingen täglich fällige Einlagen auf Konten und Sparbücher in diesem Jahr bis dato zurück, während bei den Termineinlagen mit 12- oder 24-monatiger Bindungsdauer deutliche Zuwächse erzielt wurden. Sehr gefragt ist vor allem unser Mein-Geld-Konto fix mit 3 Prozent Verzinsung.
Ein Großteil unserer Kunden entscheidet sich für gemischte Veranlagungsvarianten. Der individuelle Veranlagungsmix setzt sich zum Beispiel aus einer klassischen Sparbuchvariante, einem Sparkonto und/oder einem Fondssparplan zusammen. Wobei auch Veranlagungen oder Versicherungen mit langfristigen Zeithorizonten in Betracht gezogen und beigemischt werden. Eine gute Möglichkeit, sich das sehr attraktive Zinsniveau langfristig zu sichern und die Inflation dadurch quasi zu umgehen, ist unsere 3,9 Prozent-BKS Bank Obligation 2023–2029/4. Wer nachhaltig investieren möchte, ist mit der BKS Portfolio-Strategie gut beraten.
„Produktmix und Sparpläne sorgen für breitere Streuung“
GERHARD FABISCH: Ganz generell raten wir den Kundinnen und Kunden, sich mit dem Thema Sparen und Veranlagen wieder intensiver auseinanderzusetzen. Auf Girokonten liegen noch immer beachtliche Beträge, hier lassen sich durch Umschichtungen jedenfalls deutlich höhere Zinsen erzielen. Wer die Türen in den Wertpapierbereich öffnen möchte, die höhere Renditen bieten können, sollte sich intensiv damit beschäftigen, wir empfehlen hier auch Beratung. Es geht immer um die Frage, wie viel Ertrag erzielt werden soll, wie viel Risiko man eingehen möchte und wie lange der Veranlagungszeit ist. Die wahrscheinlich beste Lösung ist ein gemischtes Portfolio, das mit breit gestreuten Produkten kurzfristige Liquidität ebenso sicherstellt, wie mittel- und langfristige Veranlagungen, angepasst an das eigene Risikoprofil. Heute erhält man beispielsweise auch für Anleihen mit guten Bonitäten Zinssätze mit 3,5 bis vier Prozent. Was wir immer empfehlen: Es ist sinnvoll, über Sparpläne in Monatsraten Geld anzulegen – auch das hilft bei der Streuung der Einstiegszeitpunkte.
„Bei der Absicherung ist der Zeitpunkt entscheidend“
ERNST ALBEGGER: Steigende Inflation führt zu steigenden Zinsen. Nach der jahrelangen Niedrig- bzw. Negativzinspolitik der EZB bieten klassische Ansparprodukte nun wieder höhere Zinsen. Auch Immobilien – insbesondere Wohnimmobilien – gelten als Absicherung gegen eine hohe Inflation. Nicht umsonst spricht man bei Immobilien auch gern von „Betongold“. Doch es wäre zu einfach gedacht, dass jetzt der richtige Zeitpunkt für den Immobilienkauf ist, nur weil die Inflation hoch ist. Will man sich gegen ein Ereignis absichern, muss man dies tun, bevor das Ereignis eingetreten ist. Niemand käme wohl auf die Idee, noch eine Feuerversicherung abschließen zu wollen, wenn das Haus schon am Brennen ist. Genauso verhält es sich mit Immobilien und der Inflation.
Die richtige Anlagestrategie lässt sich am besten gemeinsam mit der Bank festlegen. Denn bei der Wahl der Anlageklasse spielen Faktoren wie Bindungsdauer und Risikobereitschaft eine wichtige Rolle, die sich auch auf die Rendite auswirken.
„Wertpapiere in Betracht ziehen“
DANIELA BARCO: Mit der rasanten Anhebung der Leitzinsen seit dem Vorjahr ist wieder Bewegung in den Markt für Spar- und Veranlagungsprodukte gekommen. Schon bei einer überschaubaren Bindung lassen sich die Auswirkungen der Inflation deutlich verringern. Will man allerdings den Wert des Geldes langfristig erhalten, sollte man Veranlagungsformen wie Wertpapiere in Betracht ziehen.
Wir laden rund um den Weltspartag zu Beratungsterminen ein, um die Möglichkeiten für chancenreiche Veranlagungen zu besprechen. Insbesondere unser Anlagepaket ist ein attraktives Angebot zum Weltspartag, das unsere Kundinnen und Kunden bis zum 17. November abschließen können, um schon ab einer Summe von 5000 Euro zu veranlagen. Dabei werden 50 Prozent der Anlagesumme auf einem fix verzinsten Sparkonto mit 4,5 Prozent p. a. bei 12 Monaten Bindung angespart und 50 Prozent längerfristig in verschiedene Wertpapiere ausgewählter Anlageprodukte mit entsprechendem Risiko veranlagt.
„Breit streuen und scheibchenweise investieren“
JOSEF OBERGANTSCHNIG: Die Börse ist ein Ort der Träume und Hoffnungen, aber auch der Gier und Enttäuschungen. Warren Buffett spricht vom manisch-depressiven „Mr. Market“, der je nach Tagesverfassung euphorisch, gleichgültig oder auch tieftraurig sein kann. Im Vorjahr war „Mr. Market“ noch zu Tode betrübt. Sowohl Anleihen als auch Aktien verloren beträchtlich an Wert und viele Anleger haben ihre Positionen abgebaut. Heuer sind wir gut gestartet und gerade Aktienmärkte konnten wieder deutlich zulegen. Mit den steigenden Kursen sind auch die Investoren wieder zurückgekehrt.
Aktuell hat sich das Stimmungsbild aber wieder gedreht und der Ausblick erscheint derzeit zappenduster. Seit Ende der 1990er-Jahre bin ich an den Finanzmärkten aktiv. In meiner Rolle als Fondsmanager habe ich Zehntausende Transaktionen durchgeführt. Es gab gute Investments, es gab schlechte Investments. Und es gab immer viele Gründe, zu verkaufen. Trotz aller Ängste, Krisen und Rückschläge sind die Aktienkurse aber deutlich gestiegen. Es ist mir kein einziges Mal gelungen, zum Tiefststand zu kaufen und zum Höchststand zu verkaufen. Darauf kommt es auch gar nicht an.
Langfristig erfolgreich sind jene, die ihre Strategie viele Jahre unabhängig von den Launen von „Mr. Market“ durchhalten. Es macht auch Sinn, scheibchenweise zum Beispiel in Form eines Ansparplans zu investieren und auf eine breite Streuung zu achten. Wenn man die Hausaufgaben macht, bietet der Finanzmarkt gute Chancen. Das höhere Ertragspotenzial bezahlt man aber bisweilen mit der einen oder anderen schlaflosen Nacht! Erfolgreiches Investieren ist jedenfalls kein Sprint, sondern ein Marathon. Auch Nichtstun ist eine Option. Diese kann in Zeiten hoher Inflationsraten aber sehr teuer werden.