Die renommierte Vereinigung aaia hat Sie als „Business Angel des Jahres 2017“ geadelt. Bei der Preisverleihung aber fehlten Sie. Es hieß, Sie schließen gerade ein großes Geschäft ab. Welches denn?
HERBERT GARTNER: Das wird irgendwann bekannt werden. Aber der Vorvertrag war jedenfalls erfolgreich. Und große Transaktion bedeutet bei uns: Finanzierung wie auch Exit.

Macht Sie die Auszeichnung stolz?
Es freut mich. Ich glaube, es ist wichtig, dass wir unser Know-how aus der Gründerszene wieder in die Szene zurückfließen lassen. Auch unser Geld - das ist ein volkswirtschaftlich bedeutender Prozess, der beschleunigt und massiv ausgebaut gehört. Gründer bauen auf, profitieren von ihren Unternehmen und dieser Profit fließt wieder zurück in den Aufbau neuer Unternehmen. Dass das durch solche Auszeichnungen bekannt gemacht wird, ist wichtig.

Es heißt, die Szene der Risikokapitalgeber in Österreich sei nach wie vor sehr klein. Warum?
Sie wächst und gewinnt massiv an Dynamik. Teilweise sehe ich heute sogar Wildwuchs und Unprofessionalität. Vor allem dort, wo sich Investoren nicht syndizieren, sondern einzeln in Unternehmen reingehen.

Wann ist eine Investition unprofessionell?
Wenn zum Beispiel zehn Business Angels an ein Start-up andocken und selbst in unnötigen Diskussionen untereinander landen. Wenn das nicht syndiziert ist, ist das Gift für das Start-up. Die Gründer sind dann nur mehr damit beschäftigt, Investoren zu betreuen.

Syndiziert heißt, ein Investor übernimmt den Kontakt zum Jungunternehmen?
Man kann das in einer Finanzierungsgesellschaft zusammenfassen oder über treuhändige Bündelung - also so, wie es bei der eQventure stattfindet. Das Jungunternehmen hat dann jedenfalls nur einen Investor im Firmenbuch und somit auch nur einen Ansprechpartner bei Folgefinanzierungen und beim Exit.

Welche Strategie wählen Sie eigentlich beim Einstieg - wie lange warten Sie nach der Gründung eines Start-ups?
Unser Fokus ist Deep Tech. Und die Investments sind langfristige. Wenn wir eine interessante Firma sehen, tätigen wir keinen Schnellschuss. Die letzten Firmen haben wir über ein Jahr beobachtet und dann sind wir erst eingestiegen und haben das Team entsprechend modelliert. Du bist quasi Mitgründer und ergänzt die fehlenden Bausteine.

Wie weit reichen Ihre Blicke geografisch?
Wir fokussieren uns auf Ostösterreich. Also auf Salzburg, Linz, Wien, Graz. Der Schwerpunkt liegt aber in Graz. Hier gibt es riesiges, industrienahes Potenzial - aber auch in den Universitäten. Warum gehen wir nicht zu weit weg von Graz? Wir müssen in schwierigen Situationen in zwei, drei Stunden beim Unternehmen sein, um zu helfen. Im Silicon Valley gibt es diese berühmte 50-Meilen-Zone, bei uns ist es halt etwas mehr.

Investor Herbert Gartner (eQventure)
Investor Herbert Gartner (eQventure) © Alexander Danner

Mit welchen Summen beteiligen Sie sich?
Es ist egal, mit wie viel du einsteigst. Es ist ohnehin jede Finanzierungsrunde wieder ein Einigen mit den Gründern. Jedenfalls ist der Einstieg der Beginn einer langen Partnerschaft. Es gibt Statistiken, die bei Deep Tech von einer durchschnittlichen Investmentdauer von sieben Jahren sprechen. Also von Erstinvestment bis Exit.

Was sind die Kriterien vor dem Einstieg?
Markt, Marktwachstum, das Team und dann erst die skalierbare, einzigartige Technologie. Genau in dieser Reihenfolge.

Ist der Exit, der Verkauf, das Ziel jeder Ihrer Start-up-Beteiligungen?
Nicht unbedingt. Wir haben ja keinen Fonds, was ein Riesenvorteil ist. Wir stehen dadurch unter keinem Laufzeitdruck und können auch mit Dividenden sehr gut leben. Aber wenn sich eine Chance anbietet, vielleicht noch mit einem großen Partner, dann ist das schon auch reizvoll.

Was macht aus Ihrer Sicht ein gutes Gründerteam aus?
Wenn das Team keinen unternehmerischen Instinkt, keinen Verkaufsinstinkt, keinen Kosteninstinkt, hat, sondern nur Technologie, dann ist es schwierig. Du kannst in der ersten Phase gewisse Korrekturen machen, aber nicht alle. Wenn das Team nach diesem Design noch immer nicht passt, hast du schlechte Karten.

Wie viele neue Start-ups wollen Sie sich pro Jahr in Ihr Portfolio dazuholen?
Wir würden jetzt gerne einmal unser Netzwerk, also die eQventure, erweitern. Wir suchen weitere ehemalige, erfolgreiche Gründer. Auf Start-up-Seite machen wir derzeit ein bis drei Neuprojekte pro Jahr - könnten aber mehr machen.

Wie sollten Gründer auftreten, wenn sie in ein Investorengespräch mit Herbert Gartner gehen?
Gute Vorbereitung und das Wissen um den eigenen Markt sind sehr wichtig. Die Gründer müssen reflektieren, wer sie sind, wohin sie gehen, wie groß das Potenzial ist. Kritische Selbstreflexion wäre also gut.

Österreich schnürte vor einem Jahr ein Start-up-Paket. Wie funktionstüchtig ist dieses heute?
Es ist gut, dass etwas gemacht wird. Es ist gut, dass die Stimmung da ist. Aber sie muss professionalisiert werden. Sowohl was die Pakete anbelangt als auch was das Know-how der Angels betrifft. Mein Credo ist: Vieles vereinfachen und auf die steuerliche Ebene heben. Das ist politisch freilich unglaublich schwierig, weil eine Förderung immer leichter erklärbar ist als eine Steuererleichterung.

Es soll einen ziemlichen Bearbeitungsrückstau geben, was die Risikokapitalprämie betrifft. Haben Sie schon Geld bekommen?
Nein.