Einer für alle, alle für einen: Der Leitspruch der Musketiere des einstigen französischen Königs gilt auch für die Bauern und ihre Tiere in der Oststeiermark, im Waldviertel, im Gailtal oder Montafon. Seit mehr als einem halben Jahrhundert lebt man im Maschinenring nach diesem Prinzip des Teilens und einander Beistehens. Teilen, um Kosten zu senken, indem etwa teure Maschinen gemeinsam genutzt werden. Und unkompliziertes und effizientes Helfen im Fall einer Notlage, um zumindest die Existenzgrundlage des in Schwierigkeiten geratenen Mitglieds abzusichern.
Nach bayrischem Vorbild hatte sich dieser Vereinsgedanke ab 1961 von Oberösterreich aus bis in die 1980er-Jahre in ganz Österreich ausgebreitet. Heute gibt es bundesweit 85 regionale Vereine, 17 davon – sich gebietsmäßig an Bezirksgrenzen orientierende – in der Steiermark. Trotz sinkender Zahl an landwirtschaftlichen Betrieben liegt die Mitgliederzahl in Gesamtösterreich stabil bei rund 76.000. Allein in der Steiermark sind 17.000 bäuerliche Betriebe und damit mehr als die Hälfte aller Landwirte beim Maschinenring (MR) registriert, erklärt dessen Landesobmann Josef Wumbauer.
Mehr als 800 Geräte und Maschinen
Der Modus ist einfach – und erinnert an heutige Sharing-Economy-Helden wie Uber oder Airbnb: Ein Landwirt besitzt eine Maschine, die er selbst nicht ausreichend auslasten kann. Der örtliche Maschinenring vermittelt diese Maschine an andere Landwirte weiter. Oder mehrere Landwirte kaufen gemeinsam eine oder mehrere Maschinen und Geräte und betreiben diese in ihren Betrieben. Hier gründet der Maschinenring mit den Landwirten eine Gemeinschaft und übernimmt die Organisation für die Einteilung, die Verrechnung und etwaige Ersatzmaschinen, wenn Service- oder Reparaturarbeiten notwendig sind. „Mit diesem System werden in der Steiermark mehr als 800 Maschinen und Geräte von einfachen Bodenbearbeitungsgeräten über Traktoren bis hin zu großen Erntemaschinen verwaltet“, sagt Wumbauer. Die dritte und eher seltene Variante ist, dass der Maschinenring selbst beispielsweise in teure Spezialmaschinen investiert und sie dann an die Landwirte weitervermietet.
Die Rückgratfunktion für die klein strukturierte Agrarwirtschaft ist damit seit Beginn erhalten geblieben. Nur haben sich die Tätigkeitsfelder in den vergangenen Jahren stark gewandelt und erweitert. Der Name „Maschinenring“ umfasst schon lange nicht mehr das Gesamtportfolio: Man ist vom reinen Selbsthilfeverein mit Maschinenfuhrpark zu einem der führenden Dienstleistungsunternehmen für Service und Personal in ländlichen Regionen gewachsen, sagt MR-Landesgeschäftsführer Mario Hütter. Der Kundenstock ist von einst vor allem bäuerlichen Mitgliedsbetrieben um Kommunen, Klein- und Mittelbetriebe im ländlichen Raum sowie österreichweit agierende Handels- und Infrastrukturunternehmen gewachsen. Zusätzlich zum agrarischen Bereich eröffnet der Maschinenring seinen Mitgliedern so vielfältige Zuerwerbsmöglichkeiten. Über die Sparten Service und Personalleasing sind Landwirte im Winterdienst für Gemeinden im Einsatz, bringen ihre Fachkompetenz in Handwerksbetrieben ein oder verrichten Infrastrukturinstandhaltungstätigkeiten beispielsweise für die ÖBB und die Telekom. So macht der Agrarsektor nur noch ein Drittel des Umsatzes von österreichweit rund 300 Millionen Euro aus.
Proaktive Internationalisierung
Mittlerweile werden Dienstleistungen über eigene Tochtergesellschaften auch außerhalb Österreichs in Nachbarländern angeboten. Die proaktive Internationalisierung taugt als weiterer Indikator für die strukturwandelbedingten Anpassungsnotwendigkeiten um bis zu 180 Grad. Denn der Maschinenring war eigentlich als Schutzmaßnahme gegen die Marktöffnung gedacht. Man glaubte, dass dem erwarteten Kostendruck, der nach der Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft in den 1960er-Jahren durch wachsende Konkurrenz entstehen würde, mit einer steigenden Maschinisierung standgehalten werden könnte.
Heute können dadurch auch eigenständig nicht überlebensfähige Nebenerwerbsbetriebe am Leben erhalten werden. „Damit trägt der Maschinenring zur Sicherung kleinteiliger Strukturen in Regionen und zur Stärkung des ländlichen Raums als Wirtschaftsstandort bei“, ist Obmann Wumbauer stolz.