Die Signa Prime Selection AG, die wichtigste Tochter im Firmengeflecht des Tiroler Immobilieninvestors Rene Benko, hat am Donnerstag am Handelsgericht Wien einen Insolvenzantrag eingereicht. Das teilte das Unternehmen am Donnerstagvormittag in einer Aussendung mit. Beantragt werde ein Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung. Laut den Gläubigerschützern von KSV1870, AKV und Creditreform liegen die Passiva bei rund 4,5 Milliarden Euro. Bei der Insolvenz der Signa Holding waren es fünf Milliarden Euro – es sind damit die beiden größten Insolvenzfälle in Österreich. Die Aktiva werden mit rund 1,3 Milliarden Euro angegeben. 300 Gläubiger und 28 Beschäftigte seien betroffen. Das Unternehmen bietet seinen Gläubigern eine Sanierungsquote von 30 Prozent zahlbar binnen zwei Jahren an – das wären 1,4 Milliarden Euro. Das Unternehmen soll fortgeführt werden.
In der Signa Prime hat Benko die Signa-Anteile an bekannten Immobilien wie dem Wiener „Goldenen Quartier“, dem Kaufhaus Lamarr in der Wiener Mariahilfer Straße oder dem Berliner KaDeWe gebündelt. Ende November wurde bereits über die Muttergesellschaft Signa Holding ein Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung eröffnet.
„Der Vorstand der Signa Prime Selection AG hat heute einen Antrag auf Eröffnung eines Sanierungsverfahrens mit Eigenverwaltung für die Aktiengesellschaft beim Handelsgericht Wien eingebracht“, wird mitgeteilt. „Zudem haben die Vorstände auch die Annahme eines Sanierungsplans beantragt. Ziel ist die geordnete Fortführung des operativen Geschäftsbetriebs im Rahmen der Eigenverwaltung und die nachhaltige Restrukturierung des Unternehmens. Die Signa Development Selection AG ist in derselben Situation und wird den Antrag auf Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung morgen, den 29. Dezember 2023, stellen.“
„Es gilt, langfristige Lösungen zu finden“
Erhard F. Grossnigg, Sprecher des Vorstandes der Signa Prime Selection AG wird wie folgt zitiert: „Wir werden diese wichtigen Aufgaben mit Bedacht und Vernunft angehen. Es gilt, langfristige Lösungen zu finden. Die Qualität des Signa Prime Portfolios ist hervorragend, die Entwicklungsperspektive der Development-Projekte, die in den Toplagen der deutschsprachigen Metropolen liegen, ist sehr gut.“
In dieser Struktur soll nun gemeinsam mit dem zu bestellenden Sanierungsverwalter „eine Neuordnung der eigenen Aufgaben und der eigenen Verbindlichkeiten erreicht und dabei die Werthaltigkeit der Beteiligungen erhalten werden“. Ebenso werde der Abschluss eines Sanierungsplans beabsichtigt. Ziel sei es, „die weiteren Maßnahmen zur Fortführung des operativen Geschäftsbetriebs umzusetzen“.
„Crème de la Crème“ der Signa-Immobilien
Die Signa Prime Selection packte schon marketinggerecht in ihren Namen, was sie im Benko-Firmenkonstrukt darstellen sollte: Die Crème de la Crème der Signa-Immobilien als größte Signa-Gesellschaft in diesem Bereich. Doch auch diese Hochglanzgesellschaft ist nun insolvent. Zur Prime Selection gehören beispielsweise das Goldene Quartier mit dem Luxushotel Park Hyatt, das Kunstforum und das derzeit als Rohbau dastehende Möchtegern-Luxuskaufhaus Lamarr in Wien.
Wer ist René Benko?
Das „Gross Asset Value“, also die Summe der Immobilienwerte, wurde auf der Homepage zuletzt mit 20,4 Milliarden Euro angegeben. In Medienberichten war jedoch von teils deutlich überbewerteten Immobilien die Rede – etwa in Berlin beim Upper West. Neben der ruhenden Lamarr-Baustelle in Wien steht beispielsweise auch der Bau des Wolkenkratzers Elbtower in Hamburg still. Fokus laut Firmenangaben: Investition und langfristiges Halten außergewöhnlicher Immobilien in besten Innenstadtlagen. Seit 2010 habe man sich zu einer der größten Immobiliengesellschaften Europas entwickelt. Nun kam die Pleite, in der die Fortführung mit einer Sanierung gelingen soll.
Herzeige-Projekte finden sich auch in deutschen Metropolen wie Düsseldorf (Carsch-Haus), München (Karstadt am Bahnhofplatz, Oberpollinger, Alte Akademie), Hamburg (Elbtower, Kaufmannshaus, Alster-Arkaden, Gänsemarktpassage) und Berlin (KaDeWe, Upper West, Karstadt Hermannplatz, P1). In kleineren Städten wie Innsbruck und Bozen gehören das Kaufhaus Tyrol bzw. das Museumsquartier am Virgl zur Prime.
In Wien ist auch der Austria Campus beim Nordbahnviertel Teil der Prime Selection. Das Meinl-Haus am Graben wurde schon zuletzt laut „trend“ um angeblich 80 Millionen Euro an den Wohlfahrtsfonds der Wiener Ärztekammer verkauft. Auch die Postsparkasse gehört zum insolvenzbedingt momentan vergilbenden Benko-Hochglanzreich.
Verschachtelte Eigentümerstruktur
Die gesamte Eigentümerstruktur ist sehr verschachtelt – elf Gesellschaften mit weiteren unterschiedlichen Besitzern, die zum Teil internationalen Milliardären zuzurechnen sind –, eine wichtige Rolle spielt die Familie Benko Privatstiftung. Die Mitaktionärin Signa Holding hält knapp 20 Prozent und soll im Rahmen ihres bereits eröffneten Insolvenzverfahrens saniert werden. Berechnete wirtschaftliche Eigentümer sind laut Wirtschafts-Compass schlussendlich Ingeborg Benko, Rene Benko, TPA-Wirtschaftsprüferin und -Steuerberaterin Karin Fuhrmann sowie Marcus Mühlberg. Letzterer ist neben Christoph Stadlhuber Geschäftsführer der bereits Ende November insolvent gewordenen Signa Holding.
Aus Medienberichten ging hervor, dass die Signa-Gruppe in den vergangenen Jahren viel Energie dahin gesteckt hat, eine Konsolidierungspflicht des Gesamtkonzerns zu vermeiden. Die Firma habe gesellschaftsrechtliche Verschachtelungen innerhalb der Gruppe ganz bewusst so gestaltet, dass keine gesetzliche Konsolidierungspflicht entsteht, Unterstützerin war die Kanzlei TPA, zeigten Unterlagen, die „News“ kürzlich veröffentlichte.
Zuletzt (2022) waren die Zahlen bereits tiefrot, das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (EGT) war mit rund 1,2 Milliarden Euro negativ. Die Mitarbeiterzahl der Prime-Gruppe belief sich auf 313, nachdem es im Jahr 2021 noch 467 gewesen waren, zeigt der Wirtschafts-Compass.