Mit einer fast vollständigen Niederlage der österreichischen Seite ist am Freitag der Prozess der Bayerischen Landesbank (BayernLB) gegen ihre frühere Tochter Hypo Alpe Adria (jetzt Heta) zu Ende gegangen. Überraschend verkündete die Vorsitzende der 32. Kammer am Landgericht München I Gesa Lutz am Nachmittag das Endurteil.
Die Heta wurde zur Zahlung von 2,6 Milliarden Euro nebst Zinsen an die Bayern verurteilt. Die Widerklage der Heta wurde zurückgewiesen.
Die Heta wird gegen das heutige Urteil des Landgerichts München Berufung beim OLG München einlegen. Die Abbaueinheit der früheren Hypo Alpe Adria "sieht wesentliche Teile ihrer Argumente in der Auseinandersetzung um die Anwendbarkeit des Eigenkapitalersatzgesetzes (EKEG) durch Gutachter ... und Senat ... nicht ausreichend gewürdigt" heißt es in einer ersten Reaktion der Heta.
"Zwischenschritt zu endgültiger Klärung"
"Wir sehen die heutige Entscheidung des Senats nur als Zwischenschritt auf dem Weg zu einer endgültigen rechtlichen Klärung. Die Heta sieht keinen Anlass, von ihrer Rechtsposition abzugehen. Es wird nun am OLG München liegen, alle vorgebrachten Argumente nach österreichischem Recht ordentlich abzuwägen" wird Vorstandsvorsitzender Sebastian Schoenaich-Carolath in einer Aussendung zitiert.
Die Heta müsse sich an die österreichischen Gesetze halten. "Gemäß unserer eingeholten Gutachten sind die gewährten Mittel als eigenkapitalersetzend im Sinne des österreichischen EKEG zu qualifizieren. Wir sind fest davon überzeugt, dass die Heta sich absolut rechtskonform verhält und vermissen sowohl im vorgelegten Gutachten des deutschen Professors Peter Mülbert, Mainz, als auch im Spruch des Gerichtes eine korrekte Analyse der österreichischen Rechtslage."
Heta bleibt dabei: Rückzahlungssperre
Die Heta bleibe daher dabei, dass es eine Rückzahlungssperre für die Darlehen der BayernLB gibt, solange die Heta nicht saniert ist. Außerdem beharrt sie auf dem Rückforderungsanspruch der Heta gegenüber BayernLB hinsichtlich bereits geleisteter Zahlungen. Bei den vom Münchner Gericht abgewiesenen Forderungen (Widerklagen) haben einen Streitwert von 4,8 Milliarden Euro.
"Keine finanziellen Folgen"
Im Wiener Finanzministerium wurde am Freitagnachmittag umgehend festgehalten, dass aus dem Urteil in München gegen die Hypo-Bad Bank Heta keine finanziellen Folgen für die Republik erwachsen.
Es gebe "keine Auswirkungen auf den Bund, weil die Heta unter BaSAG steht", sagte eine Sprecherin des Finanzministeriums zur APA. Sie sprach damit das seit 1. März geltende Schuldenmoratorium an. Für die in Abwicklung stehende Heta sei die Abwicklungsbehörde (FMA) zuständig. Demnach habe, so verlautet in Wien, bei der Heta eine neue Zeitrechnung begonnen.
Am 1. März hat die Finanzmarktaufsicht - in Anwendung des neuen Bankensanierungs- und Abwicklungsgesetz - einen vorläufigen Schuldenzahlungsstopp über die Heta verhängt. Das Moratorium gilt zunächst einmal bis Mai 2016. Vor Bekanntgabe einer Urteilsbegründung und einer eingehenden Analyse des Richterspruchs wollten sich Experten aus der Aufsicht nicht äußern, hieß es aus der FMA. Anwälte hatten mit Einsprüchen gerechnet.
Umstrittenes Gutachten
In seinem Urteil stützte sich das Landgericht auf zwei von der Heta heftig attackierte Gutachten der Rechtsprofessoren Peter Mülbert und Ulrich Haas, die im Wesentlichen die Argumentation der Bayern stützten.
Vergebens hatte Heta-Anwalt Busse nach einer dreiviertelstündigen Antwort von Gutachter Haas auf eine Vertagung des Prozesses gedrängt, um sich mit dessen "Ergänzungsgutachten" beschäftigen zu können. Die BayernLB-Seite warf Busse daraufhin Prozessverschleppung vor.
Keine Wirksamkeit für die Rechtslage in Deutschland und damit für die Entscheidung des Gerichts haben nach den Worten der Kammervorsitzenden das von Österreich in Kraft gesetzte Hypo-Sanierungsgesetz sowie das vom Wiener Finanzministerium für die Heta verkündete "Moratorium". Dies könnte allenfalls in Erwägung gezogen werden, falls das österreichische Recht zu EU-Recht würde, sagte Lutz.
"Kein Überraschungsurteil"
Den möglichen Vorwurf, ein Überraschungsurteil gefällt zu haben, wies die Gerichtsvorsitzende schon vorbeugend zurück. Man habe alle Aspekte des Falles gewürdigt, viele Tausend Seiten durchgearbeitet und jede Seite habe hinreichend Gelegenheit gehabt, zu allem Stellung zu nehmen, so Lutz. Die Sache sei "entscheidungsreif". Es gebe keinen Grund nach der Zivilprozessordnung, mit dem Urteil noch länger zu warten.
Der Rechtsstreit mit der Heta respektive der Republik Österreich bleibe auch für den bayerischen Staatshaushalt eine "Herausforderung", sagte Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) am Freitag noch in Unkenntnis des Urteils. Das Heta-Thema entwickle sich zusehends zu einer nationalen und internationalen Angelegenheit.
Bayern: Heta-Kartenhaus fällt zusammen
Genugtuung über das Urteil herrscht bei der BayernLB: "Das ist der Beleg dafür, dass das erste wacklig konstruierte Kartenhaus der Heta in sich zusammenfällt. Jetzt muss Österreich seiner Verantwortung gerecht werden und die Schulden zurückzahlen", heißt es in einer Stellungnahme gegenüber der APA.