Es ist traurig, dass man im Alter so behandelt wird!“, schickt unsere Leserin voraus. Die heute 73-Jährige wurde bereits vor 50 Jahren von ihrem Ehemann aufgrund dessen Verschulden geschieden. Die Frau hat vier Kinder großgezogen, darunter eine behinderte Tochter und immer wieder gearbeitet. Heute bezieht sie 808 Euro Pension. „Da ist die Ausgleichszulage schon dabei. Von dieser werden mir aber 134 Euro abgezogen für Alimente von meinem geschiedenen Mann, die ich angeblich bekommen sollte!“, berichtet die Pensionistin. Bekommt sie aber nicht und hat sie nie bekommen! „Teilweise hat er nicht gearbeitet; überwiesen hat er nie etwas. Nach dreißig Jahren war alles verfallen!“, so die Frau. Aber trotzdem bekommt sie jetzt nicht die volle Ausgleichszulage bezahlt. Sie müsste erst erfolglos klagen und dem Staat beweisen, dass sie alles versucht hat, um an ihr Geld zu kommen, das ihr rechtmäßig zusteht.

Neuerliche Prüfung

„Ihre Leserin gibt an, von ihrem geschiedenen Ehegatten keine Unterhaltsleistungen zu erhalten. Entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen gebühren ihr diese aber und können auf gerichtlichem Wege geltend gemacht werden“, erklärt Herbert Hauerstorfer von der Pensionsversicherungsanstalt (PV). Eine neuerliche Prüfung der Anrechnung des Unterhaltsbeitrages könnte erfolgen, wenn die Verfolgung des Unterhaltsanspruches offenbar aussichtslos oder die Verfolgung des Unterhaltsanspruches offenbar unzumutbar sei. „Bei der Ausgleichszulage handelt es sich um eine Leistung mit Sozialhilfecharakter, welche durch Mittel der Versichertengemeinschaft finanziert wird. Von einer Anrechnung kann daher grundsätzlich nicht abgesehen werden“, erklärt Hauerstorfer. Dieser Einschätzung stimmt die Juristin Barbara Scherer vom Verein Frauenservice in Graz zwar grundsätzlich zu, wendet aber ein: „Im konkreten Fall scheint es so zu sein, dass der Anspruch über 30 Jahre nicht eingefordert wurde und deshalb verjährt ist. Das heißt: Einerseits hat die Frau entgegen den Interessen der PV auf ihren Unterhalt verzichtet, andererseits ist die Forderung tatsächlich nicht mehr hereinzubringen, was für die Auszahlung der vollen Ausgleichszulage sprechen würde.“ Die ganze Sache ist inzwischen noch aussichtsloser geworden: „Mein geschiedener Mann wurde kürzlich ins Pflegeheim verlegt. Er kann auch die Alimente für die behinderte Tochter nicht mehr bezahlen; alles bekommt das Heim“, informierte uns die verzweifelte Frau.

Eine Möglichkeit wäre laut Scherer weiters, nicht aufgrund des (verjährten) Titel-Anspruches eine Klage einzubringen, sondern den Unterhalt basierend auf ihrem gesetzlichen Anspruch (aufgrund der Verschuldensscheidung) einzubringen. "Dieser Anspruch ist ja nicht verjährt und könnte sie sogar drei Jahre rückwirkend einbringen, sofern ihr Ex-Gatte genügend Einkommen hat", erklärt die Juristin.

Damit der Frau keine Kosten entstehen, wäre es notwendig einen Verfahrenshilfeantrag einzubringen. "Vielleicht erhält die Frau tatsächlich noch Unterhalt (sofern der Ex-Gatte ein entsprechendes Einkommen hat)  oder zumindest ein abweisendes Urteil, welches dann für die PVA ausreichend wäre, um doch noch Ausgleichszulage in voller Höhe auszuzahlen", meint Scherer.

Ansprüche nicht eingefordert

„Es geht nicht darum, dass die Frau einen ihr zustehenden Anspruch nicht einfordern würde, sondern, dass dieser aufgrund der Verjährung, nicht mehr eingeklagt werden kann bzw. eine Klage zurückgewiesen würde. Eine Verfolgung ihres Anspruches ist also aussichtslos!“, fasst Scherer zusammen. Sie habe sich erwartet, dass die PV dies hätte feststellen können. „Insofern bin ich etwas verwundert und ist dies bedauerlich. Ich werde der Betroffenen empfehlen – entgegen besseren Wissens – eine Klage einzubringen und sich mit dem zu erwartenden Abweisungsbeschluss wieder an die PV zu wenden“, kündigt Scherer an.