Der Arbeitskräftemangel in Österreich ist zum Teil selbst verschuldet, da die "stille Reserve" aus Personen, die arbeitswillig, aber nicht suchend sind, sowie unterbeschäftigten Teilzeitkräften nicht genutzt wird. Das ist das Ergebnis einer Studie des Wirtschaftsforschungsinstitutes Wifo für die Arbeiterkammer. Demnach gibt es mehr Menschen in der stillen Reserve und in ungewollter Teilzeit als Arbeitslose. Insbesondere Frauen und Migranten würden in Teilzeit gedrängt.

Laut der Wifo-Studie "Aktivierbare Arbeitsmarktpotenziale und Stille Reserven in Österreich" zählen rund 312.000 Menschen zur stillen Reserve, sind also ohne Job, suchen aber auch nicht aktiv. Dazu kämen noch 139.000 unfreiwillige Teilzeitkräfte.

Die Wirtschaftsforscher haben durchgespielt, wie es 2040 ausschauen könnte. Bis dahin falle die Zahl der Vollzeitbeschäftigten um 80.000 Personen, die der Arbeitslosen um 57.000 Personen. Die Anzahl der Teilzeitbeschäftigten steige um 175.000 Personen. Die Zahl der Pensionisten in der Bevölkerungsgruppe der bis 64-Jährigen gehe um 206.000 zurück. Von der Arbeiterkammer kam am Freitag die Forderung nach einer "gesunden Vollzeit", die laut Studien zwischen 30 und 35 Wochenstunden liege. Gleichzeitig müssten die 2018 beschlossenen Regelungen zum 12-Stunden-Tag zurückgenommen werden.

"Mehrarbeit muss belohnt werden"

Dazu erklärt Christoph Neumayer, Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV): "Österreichs Betriebe suchen trotz konjunkturell mehr als herausfordernden Zeiten nach wie vor Arbeits- und Fachkräfte, was die Vielzahl an offenen Stellen bestätigt." Es gelte alle Potenziale am Arbeitsmarkt zu heben: "Wir müssen Menschen in Beschäftigung bringen, vor allem auch jene, die dem Arbeitsmarkt nicht unmittelbar zur Verfügung stehen. Es gilt, positive Leistungsanreize zu setzen, um das Arbeitsvolumen in Österreich insgesamt zu steigern. Inaktivitätsfallen müssen abgebaut werden und jene Menschen, die zur Mehrarbeit bereit sind, müssen belohnt werden", plädiert Neumayer. Dem Trend zur Teilzeitarbeit kann er nichts abgewinnen.

Aus Sicht der Industrie sei es entscheidend, Vollzeitarbeit zu attraktivieren, indem man steuerliche Erleichterung schafft, aber auch der österreichweite Rechtsanspruch auf qualitätsvolle Kinderbetreuung ab dem ersten Lebensjahr könne einen Beitrag leisten. Darüber hinaus müsse man ältere Menschen länger im Erwerbsleben halten. Denn diese würden ebenfalls ein wertvolles, zum Teil unausgeschöpftes Potenzial darstellen. Neben den noch unausgeschöpften nationalen Arbeits- und Fachkräftepotenzialen werde es, so Neumayer, allein aufgrund des demografischen Wandels auch qualifizierten Zuzug brauchen, um die Nachfrage nach Personal decken zu können.