Die Menschen in Österreich genießen im Vergleich zu anderen Ländern einen hohen Wohlstand – allerdings führen etwa die steigenden Lebenshaltungskosten durch die hohe Inflation zu einem Rückschlag für die nachhaltige Entwicklung von Wohlergehen und Wohlstand, warnt die Arbeiterkammer (AK) in ihrem sechsten Wohlstandsbericht. "Die Teuerungskrise verschärft die soziale Ungleichheit", sagte Arbeiterkammer-Chefökonom Markus Marterbauer bei einer Pressekonferenz am Mittwoch.

Die Arbeiterkammer misst das Wohlergehen der Menschen nicht am Bruttoinlandsprodukt, sondern anhand von Faktoren wie Lebensqualität, Verteilungsgerechtigkeit und intakte Umwelt. Nur acht der insgesamt 30 Indikatoren bewertet die AK positiv, vergangenes Jahr waren es überhaupt nur fünf. Als Entscheidungsgrundlage verwende die AK vor allem Daten der Statistik Austria.

Weniger Lebensqualität

Die allgemeine Lebensqualität der Österreicherinnen und Österreicher hat sich der Arbeiterkammer zufolge etwas verschlechtert. Bei der Lebensqualität, die in den vergangenen Jahren noch positiv oder neutral beurteilt wurde, machten sich laut AK vor allem die hohen Wohnkosten und die steigenden Kosten in anderen Lebensbereichen negativ bemerkbar. "Viele Menschen können durch die massive Teuerung ihre Lebenshaltungskosten nicht mehr bestreiten", sagte AK-Sozialpolitikleiterin Sybille Pirklbauer. Verbesserungen gab es beim Teilziel "Anstieg gesunder Lebensjahre" und der allgemeinen Lebenszufriedenheit der Menschen im Land.

Umweltfaktor

Die Teuerung wirkt sich laut AK-Bericht ebenso auf das übergeordnete Ziel einer intakten Umwelt aus. Aus Sicht der Arbeiterkammer verschärft die hohe Inflation auch die Klimakrise, da sie die Aufmerksamkeit der Wirtschaftspolitik von der Erreichung der Klimaziele auf die Bewältigung der Teuerung lenkt. "Bei der Reduktion der Treibhausgasemissionen und beim Energieverbrauch bleiben die politischen Maßnahmen hinter den Klimazielen zurück", kritisierte Lukas Oberndorfer, Leiter der AK Umwelt- und Verkehrspolitik. Zudem nehme die Bodenversiegelung wieder zu. Verbesserungen stellt die AK hingegen beim Anteil des öffentlichen Verkehrs fest, hier hätten sich die Investitionen in den Ausbau klimafreundlicher Infrastrukturen bemerkbar gemacht.

Vermögenskonzentration

Laut AK-Bericht ist die Vermögenskonzentration in Österreich nach wie vor hoch. Bei der Einkommensverteilung zwischen Frauen und Männern gebe es kaum Fortschritte. Auch die Verteilung der unbezahlten Arbeit verbessere sich kaum. Frauen leisteten nach wie vor den Großteil der unbezahlten Care-Arbeit wie Kinderbetreuung und Pflege. Starke Verschlechterungen sieht die Arbeiterkammer bei der Qualität der Arbeitsplätze.

Geforderte Maßnahmen

Die Arbeiterkammer verbindet ihren Wohlstandsbericht auch mit Forderungen an die Politik. Als kurzfristige Maßnahme brauche es ein "sozial-ökologisches Investitionspaket" mit Fokus auf öffentliche Investitionen in den Klimaschutz, den Ausbau der Kinderbetreuung und der Pflege sowie eine umfassende Qualifizierungsoffensive. Die Arbeiterkammer erneuerte zudem ihre Forderung nach einer Arbeitszeitverkürzung bei vollen Bezügen. Eine Reduktion auf 30 bis 35 Wochenstunden sei notwendig, um gesund bis zur Pension arbeiten zu können. Zudem müssten Berufe, die für Wohlstand und Wohlergehen zentral sind, etwa im Gesundheits-, Pflege- und Bildungsbereich, aufgewertet und besser entlohnt werden.