Laut einer Studie bewerten 74 Prozent der Österreicher das Image der Friseure als gut, 60 Prozent halten Friseurbesuche für wichtig. Zufrieden?
GOTTFRIED KRAFT:
Es tut gut, rückgespiegelt zu bekommen, wie wichtig wir sind. Friseure gehören nun sogar zu den systemerhaltenden Berufen. 20 Prozent der 14- bis 24-Jährigen können sich auch vorstellen, selbst Friseur zu werden. Sowohl das Image der Branche als auch der Anteil an potenziellen Friseuren ist also groß – dennoch haben wir einen eklatanten Fachkräftemangel und auch zu wenig Lehrlinge. Auch eine Expansion erlaubt uns der Personalmangel nicht.

Wie ist der Widerspruch zu erklären?
KRAFT: Für den Friseurberuf sprechen die Argumente, es mit Menschen zu tun zu haben, kreativ und kommunikativ sein zu können. Dagegen spricht – auch das ist durch Umfragen belegt – die geringe Bezahlung. Zwar wird in der Branche viel mit Erfolgsprämien gearbeitet, aber der Kollektivvertrag ist nicht gerade üppig.

Können Sie sich das leisten?
KRAFT: Die Gehälter machen 60 bis 70 Prozent vom Umsatz aus, die Margen sind knapp. Man muss Gehaltserhöhungen also einpreisen, weswegen wir die Preise heuer um zehn Prozent erhöhen mussten. Dienstleistung ist generell stark von Abgaben belastet. Es muss also dringend eine Entlastung der Lohnarbeit stattfinden. Sonst wird sie extrem teuer – oder sie verschwindet und wir schaffen uns selbst ab.

Klipp-Geschäftsführer Gottfried Kraft: "Ein Privileg, die Menschen schön zu machen"
Klipp-Geschäftsführer Gottfried Kraft: "Ein Privileg, die Menschen schön zu machen" © Klipp/Max Habich

Wie sieht das Klipp-Ausbildungskonzept aus?
KRAFT: Wir haben ein sechsstufiges System, das es den Jungen ermöglicht, gut anzukommen und trotzdem schnell am Kunden arbeiten zu können. Es beihaltet Workshops zu Teambuilding und Resilienz und auch Rollenspiele, in denen auch geübt wird, wie man mit anspruchsvollen Kunden umgeht. Wir haben eine eigene Akademie in Wels, aber auch Trainingssalons in den meisten Bundesländern, zum Beispiel in Graz.Anspruchsvolle Kunden?
KRAFT: Es gibt schwierige Kunden, dieses Problem ist manifest, aber natürlich betrifft das eine sehr geringe Minderheit.

Wirkt sich die Inflation aufs Trinkgeld aus, fällt es geringer aus?
KRAFT: Mir kommt aus den Salons nichts Derartiges zu Ohren. Wir sehen aber, dass die bargeldlose Zahlung zunimmt, mit der man aber auch elektronisches Trinkgeld geben kann.

Welche Schnitte werden aktuell am stärksten nachgefragt?
KRAFT: Zunächst möchte ich festhalten, dass nach Corona alle Kunden zurückgekommen sind. Wir verzeichnen starke Zuwächse im Männersegment. Farbe und konkret die Färbetechnik Balayage, mit der ein natürlicher Look generiert wird, sind beliebt. Und es kommt nach Zeiten der Glätte wieder Bewegung ins Haar. Insgesamt glauben wir an den Beruf und seine Schönheit: Wir haben das Privileg, mit unserer Dienstleistung andere Menschen schön und damit froh zu machen.

Arbeitgeber Klipp: "Mehr Männerhaarschnitte"
Arbeitgeber Klipp: "Mehr Männerhaarschnitte" © Erwin Rachbauer/Klipp

Sind die vielen neuen Barbershops eine Konkurrenz?
KRAFT: Klipp hat nicht das Problem, dass uns die Kunden abhandenkommen. Wir begrüßen auch jede Art von Wettbewerb – der Bessere verdient den Kunden. Aber die Bedingungen des Wettbewerbs sollten fair sein. Der Staat sollte also seiner Aufgabe nachkommen zu kontrollieren, ob auch alle Mitarbeiter angemeldet sind und alle Steuern gezahlt werden. Stichwort Finanzpolizei. In der Friseurbranche gibt es aktuell auch den Trend zur Vereinzelung, es entstehen immer mehr Ein-Personen-Unternehmen. Dadurch wiederum gibt es immer weniger Ausbildungsbetriebe.Wie relevant ist der Online-Shop, den Klipp seit 2013 betreibt?
KRAFT: Wir sehen den Online-Shop als Ergänzung dafür, was wir im Salon nicht anbieten können, einfach auch deshalb, weil wir kein so großes Lager haben. Der Verkaufsumsatz ist eine Art Verlängerung des Dienstleistungsumsatzes.

Verpasst sich Klipp auch selbst einen neuen Schnitt?
KRAFT: Alles, was wir abschreiben, investieren wir wieder in das Remodeling unserer Salons. Gerade haben wir ein neues Salondesign fertig ausgearbeitet, nach dem schrittweise umgebaut wird.