In der privaten Sozialwirtschaft (SWÖ) begannen die KV-Verhandlungen am Dienstag mit einem Paukenschlag. Die Gewerkschaften Vida und GPA übergaben der Arbeitgeberseite ihr Forderungspaket: eine 15-Prozent-KV-Erhöhung bzw. mindestens 400 Euro. Die Forderung ist gleich hoch wie vor einem Jahr, der Abschluss lag dann bei acht Prozent bzw. 10,2 Prozent für die unteren Einkommensgruppen. Heuer ist die rollierende Inflation höher.
"Die Gesellschaft konnte sich in den vergangenen Jahren immer auf die Beschäftigten im Sozialbereich verlassen. Jetzt ist es Zeit, dass diese Leistungen honoriert werden", sagt Eva Scherz, Verhandlerin der Gewerkschaft GPA. "In der Branche verdienen die Beschäftigten immer noch 22 Prozent weniger als der Schnitt. Da muss sich etwas tun, wenn die Branche attraktiver werden soll. Jetzt, da gerade der Finanzausgleich verhandelt wird und die Steuereinnahmen sprudeln, gibt es keine Ausreden: Das Geld ist da. Die Arbeitgeber müssen nur mutig sein und es einfordern", so Scherz weiter. Neben der Gehaltsforderung habe man viele Vorschläge vorgelegt, die "die Arbeitsbedingungen verbessern", ergänzte Vida-Gewerkschafterin Michaela Guglberger. Darunter sind eine Verkürzung der Arbeitszeit, mehr Urlaub, mehr Geld fürs Einspringen und höheres Kilometergeld.
Großer Mangel trotz Personalzuwachs
Das Problem des Personalmangels entstehe nicht, weil zu wenig Menschen einen Beruf in der Branche ergreifen, sondern, weil zu viele aufhören, so Guglberger: "Viele Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteiger bleiben keine fünf Jahre im Gesundheits- und Sozialbereich – und das, obwohl sie ihre Tätigkeit als sehr sinnstiftend und wertvoll beschreiben. Wir müssen die Arbeitsbedingungen verbessern."
Diesem Befund hielt Walter Marschitz, SWÖ-Geschäftsführer, am vorigen Freitag entgegen: Es gebe kaum einen Wirtschaftsbereich, der in den letzten Jahren einen größeren Zuwachs an Arbeitskräften habe erzielen können. Dass in weiten Bereichen der Sozialwirtschaft dennoch viel Personal fehlt, liege an der wachsenden Nachfrage und "nicht daran, dass niemand mehr in dem Bereich arbeiten will".
Am 17. Oktober soll erstmals konkret über die Positionen verhandelt werden.
„Sicher nicht realisierbar“
SWÖ-Geschäftsführer Walter Marschitz bezeichnete den Auftakt zu den Verhandlungen zwar als "durchaus konstruktiv". Gleichzeitig betonte er in einer Aussendung, "dass aufgrund der Teuerung der Verhandlungsspielraum über die Inflationsabgeltung hinaus äußerst eng ist".
Hauptziel der Arbeitgeber sei, dass man zu einem Abschluss kommt, der die Versorgung im Sozial- und Gesundheitsbereich in Österreich nicht gefährdet. "Die derzeitige Inflation von 8,8 Prozent abzugelten ist eine Sache zu der wir uns als Arbeitgeber grundsätzlich bekennen aber die geforderte Erhöhung um 15 Prozentpunkte ist etwas, was sicher nicht realisierbar ist", erklärte Marschitz.
Schließlich trage man als Arbeitgeberverband auch Mitverantwortung für ein ordnungsgemäße Versorgung aller Menschen in Österreich. "Wir bieten jedem Menschen in Österreich, der Not hat, eine ausgezeichnete Dienstleistung an. Dies wollen wir auf keinen Fall gefährden", warnt Marschitz vor einem Abschluss, der viele Betriebe finanziell überfordern würde.