Wie die aktuellen Kollektivvertragsverhandlungen der Metaller ausgehen werden, lässt sich noch nicht sagen. Die Lehrlingsvergütungen stehen dabei jedenfalls unter einem guten Stern. Sie sind in den letzten Jahren quer durch die Branchen stärker gestiegen als die allgemeinen Einkommen. „Besonders stark bemerkbar war das im Vorjahr“, sagt Viktor Fleischer, Experte für berufliche Bildung in der Industriellenvereinigung (IV). Ein Gefühl für die Dimensionen gibt dabei das Beispiel der chemischen Industrie. Während zuletzt die allgemeinen Gehälter in dieser Branche um 9 Prozent gestiegen sind, wurden die Lehrlingseinkommen um 9,9 Prozent erhöht.
Fachkräfte gesucht
Die hohe Inflation hat sich bei den „Lehrlingspaketen“ zwar zu einem Hemmschuh entwickelt, aber es spricht einiges dafür, dass sich der Trend zu höheren Gehältern dennoch fortsetzt. Begründen lässt sich das mit der simplen Tatsache, dass Unternehmen die Lehrausbildung als einen der besten Wege erkannt haben, um dem eklatanten Fachkräftemangel entgegenzuwirken.
Lehre in der Metallindustrie
In der Metallindustrie wurde im Vorjahr ein Stufenplan entwickelt, der bewirkt, dass heuer mit 1. November beim Einkommen im ersten Lehrjahr der 1000er erreicht wird. Benjamin Liedlbauer, Bundesjugendvorsitzender der Produktionsgewerkschaft (PRO-GE) betont, dass man trotzdem auch heuer die Erhöhung der Lehrlingseinkommen im Fokus habe, „weil wir gerade im 3. und 4. Lehrjahr mit plus 7 bzw. 6,4 Prozent unter der Inflationsrate geblieben sind, hier wollen wir eine Anpassung“. Außerdem fokussiere man sich bei den Löhnen auf die Gleichstellung ausgelernter Jungfacharbeiter mit Absolventen höherer berufsbildender Schulen, was Ersteren nach 18 Monaten Berufspraxis ein um etwa 400 Euro höheres Brutto-Monatsgehalt bescheren würde.
Die zusätzlichen "Goodies"
Neben den Löhnen sind es freilich auch kollektivvertragliche „Goodies“ wie die Kostenübernahme fürs Klimaticket im 1. bis 3. Lehrjahr im Metallgewerbe oder 250 Euro-Prämien für eine bestandene Lehrabschlussprüfung in der chemischen Industrie, mit denen die Unternehmen um Lehrlinge werben. Hinzu kommen auf betrieblicher Ebene attraktive Einzelvereinbarungen für Lehrlinge – „und hier ist die Industrie schon führend“, wie Fleischer betont. Darunter fallen etwa zwei zusätzliche Wochen Urlaub beim Flugzeugzulieferer FACC oder ein Motorrad für die abgeschlossene Lehre bei KTM. „Teilweise werden auch Spotify- oder Netflix-Abos bezahlt.“
Spitzenreiten bei Lehrlingseinkommen
Bei den Lehrlingseinkommen schneidet die Industrie im Vergleich mit anderen Branchen generell sehr gut ab. Fragt man bei der IV nach den Spitzenreitern im Verdienst, kommt man schnell auf die Baubranche zu sprechen.
Beim Hochbau liegt das Gehalt im ersten Lehrjahr aktuell bei 1189 Euro und steigt im 3. Lehrjahr auf 2378 Euro. Pflasterer starten im ersten Lehrjahr mit 1242 Euro und liegen im dritten Lehrjahr bei 2485 Euro. Die Dachdeckerlehre bringt im ersten Jahr 1102 Euro. Prinzipiell gelten diese drei Berufe auch als führende Lehrberufe, wenn es um das Gehalt geht.
Welche Lohnerhöhungen sich in den jeweiligen KV-Verhandlungen erzielen lassen, hängt freilich stark von der Branche ab, wie groß der individuelle Bedarf an Fachkräften ist und wie niedrig oder hoch die Gehälter waren. Die Gehälter der Bäckerlehrlinge im Burgenland sind im Vorjahr zum Beispiel um 20 Prozent gestiegen, während die Lohnabschlüsse für ausgelernte Fachkräfte hier bei 9,7 Prozent lagen.