Die Inflationsrate für September 2023 beträgt voraussichtlich 6,1 Prozent, wie aus Berechnungen von Statistik Austria im Rahmen einer Schnellschätzung hervorgeht.
"Im September 2023 ist die Teuerung in Österreich deutlich abgeflaut. Einer ersten Schätzung zufolge hat sich die Inflation auf 6,1 Prozent verringert, nach 7,4 Prozent im August. Das ist der niedrigste Wert seit dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine im Februar 2022", so Statistik-Austria-Generaldirektor Tobias Thomas. "Der Rückgang geht vor allem auf die Haushaltsenergiepreise zurück, die bisher zu den Haupttreibern der Inflation zählten und nun inflationsdämpfend wirken. Nachdem die Verbraucherpreise für Strom, Gas und Fernwärme im Herbst vor einem Jahr massiv angewachsen waren, sind sie nun im Vorjahresvergleich je nach Energieträger nur noch gering gestiegen oder sogar zurückgegangen. Auch bei Lebensmitteln hat der Preisdruck weiter nachgelassen."
Im Vergleich unter den Eurozonen-Mitgliedern liegt Österreichs Inflationsrate aber noch immer hoch. In Deutschland ist die Inflationsrate im September beispielsweise auf 4,5 Prozent gesunken. Im gesamten Euro-Raum liegt sie bei durchschnittlich 4,3 Prozent. Im Euroraum ist die Inflation berechnet als Harmonisierter VPI von 5,2 Prozent im August laut heutiger Schnellschätzung auf 4,3 Prozent im September gefallen. Die Kernrate für die Eurozone, in der die schwankungsanfälligen Energie- und Lebensmittelpreise sowie Alkohol und Tabak ausgeklammert sind, sank im September auf 4,5 Prozent, nach einem August-Wert von 5,3 Prozent. Dieser Wert gilt als wichtiger Indikator für Inflationstrends.
Im August noch 7,4 Prozent
Im August war die Inflationsrate in Österreich wieder auf 7,4 Prozent gestiegen, nachdem sie im Juli auf 7,0 Prozent zurückgegangen war. Der Grund dafür war laut Statistik Austria vor allem an den heimischen Zapfsäulen zu finden: Die Treibstoffpreise dämpften die Teuerung deutlich weniger als davor. Auch Haushaltsenergie und Gastronomie hielten die Inflationsrate mit zweistelligen Teuerungsraten im August hoch, so Thomas. Etwas weniger Preisdruck gab es bei Nahrungsmitteln. Bereits vor einem Monat hatte der Statistik-Austria-Generaldirektor jedoch auch prognostiziert: "Die besonders hohen Anstiege der Preise im September und Oktober 2022 sprechen allerdings dafür, dass sich in den nächsten Monaten im Jahresvergleich der bisherige Trend zu sinkenden Inflationsraten fortsetzt."
"Stimmt uns optimistisch"
Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) schreibt in einer Stellungnahme, der Rückgang der Inflation "stimmt uns optimistisch. Der positive Trend setzt sich fort und ich bin zuversichtlich, dass sich die Teuerung in den nächsten Monaten weiter entspannen wird."
Bundeskanzler Karl Nehammer, Finanzminister Magnus Brunner und Wirtschaftsminister Martin Kocher (alle ÖVP) gaben sich angesichts der sinkenden Inflation zuversichtlich, dass Österreich auf dem richtigen Weg sei. Sie hoben hervor, dass dies der niedrigste Wert seit Beginn des Kriegs in der Ukraine sei und dass Energiekosten, die lange die Preise in die Höhe getrieben hätten, nun preisdämpfend wirkten.
Der Einfluss politischer Maßnahmen
Jakob Schwarz, Sprecher der Grünen für Budget und Steuern, führte den Rückgang der Inflation auf Maßnahmen der Regierung "zur Dämpfung des Preisanstiegs bei Strom und Gas" zurück. Diese würden dazu führen, dass fallende Großhandelspreise rasch bei den Haushalten ankommen.
FPÖ-Obmann Herbert Kickl und die freiheitliche Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch sehen hingegen in einer gemeinsamen Aussendung in der österreichischen Inflationsrate "ein handfestes Beweisstück dafür, dass die Teuerung durch die fatale Politik von Schwarz-Grün und der rot-pinken Scheinopposition hausgemacht ist". Die Menschen in Österreich müssten "nach wie vor unter einer drastischeren Teuerung leiden als die Menschen in zahlreichen anderen europäischen Ländern". Die Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel, Energie und Treibstoffe sowie die Mineralölsteuer müssten massiv gesenkt oder ganz ausgesetzt werden, fordern die FPÖ-Politiker.
Über dem Schnitt der Eurozone
SPÖ-Finanzsprecher Jan Krainer nutzte die Zahlen hingegen für Kritik an der Regierung. Die Teuerung in Österreich sei im Vergleich zu anderen EU-Ländern "viel zu hoch". In manchen Ländern, die vor einem Jahr ähnlich hohe Preissteigerungen hatten wie Österreich, sei die Inflation inzwischen deutlich niedriger. Österreich liege bei der Teuerung auf dem letzten Platz in Westeuropa. Auch AK Präsidentin Renate Anderl weist per Aussendung darauf hin, dass die Inflation in Österreich deutlich über der in vergleichbaren EU-Ländern liege. Sie forderte, wie auch Krainer, Eingriffe in die Preise und die Mieten.
Schwierigkeiten des Vergleichs?
IHS-Experte Sebastian Koch sah im Ö1-"Mittagsjournal" des ORF-Radios Österreichs Inflationsentwicklung ebenfalls positiv, auch wenn sie wesentlich höher als von der EZB angestrebt und als im Schnitt der Eurozone ist. Die hohen Inflationsraten der jüngeren Vergangenheit werde man in Österreich in naher Zukunft nicht mehr sehen. Es gebe noch "nachlaufende Effekte" etwa bei Mieten, Löhnen oder Versicherungen, die noch kommendes Jahr nachwirken werden. Sinkende Inflation heiße ja nicht, dass die Preise fallen - das sei auch nicht zu erwarten, erinnerte Koch.
Vergleiche mit anderen Ländern seien schwierig, weil diese stark in die Preise eingegriffen hätten und dies später zu Gegenbewegungen führen könne. Aufgrund der vielen Preiseingriffe seien Vergleiche schwierig. Mit Blick auf die anstehenden Kollektivvertragsverhandlungen empfiehlt Koch, nicht jetzt kurzfristig die Regeln zu ändern - denn langfristig gleichen sich die Vor- und Nachteile aus. Ad hoc neue Regeln einzuführen, würde den Prozess komplizierter machen.