"Wir müssen stärker Verantwortung für die nächste Generation übernehmen – statt dass wir uns vor dem nächsten Wahltermin fürchten", legte Othmar Karas (Vizepräsident EU-Parlament) beim fünften Confida-Talk in Graz los.

Im Rahmen einer Podiumsdiskussion sollten die Chancen und Risiken des Industriestandorts Steiermark im internationalen Kontext thematisiert werden – und Martin Graf (Vorstand Energie Steiermark), Franz Kainersdorfer (Vorstandsmitglied Voestalpine AG) sowie Patricia Neumann (Vorstandsvorsitzende Siemens Österreich) ließen mehr als einmal aufhorchen.

"In den Händen eines Diktators"

"Unsere Energieversorgung haben wir in die Hände eines Diktators gelegt, weil wir dort am billigsten eingekauft haben. Unsere Produktion von Arzneimitteln und anderen Gütern in die Hände eines autoritären Regimes, China – weil wir dort am günstigsten produzieren können. 'Made in Europe' muss daher spätestens seit den Lieferkettenproblemen in Folge der Pandemie wieder mehr zählen", polterte Karas und kritisierte auch die Kritiker an der EU: "Unser demokratisches System gibt es nicht gratis."

Graf lenkte die Karas-Eröffnung auf die Steiermark um: "Wie schaffen wir es, dass hier produziert wird und nicht woanders?"

Bürokratie-Monster

Moderator Armin Wolf führte an, dass man 1700 Hektar Solarflächen, mehr als 200 Windräder und sechs zusätzliche Murkraftwerke benötige, um die Steiermark auf erneuerbare Energien umzustellen. Die leidvollen Erfahrungen mit Österreichs Bürokratie lassen Graf zweifeln. "Wir haben alleine neun Jahre bis zur Genehmigung eines Windparks gebraucht." Als man zur Umsetzung schreiten wollte, gab es die ausgewählte Anlagentechnik gar nicht mehr. Bei den nötigen Investitionen seien die steigenden Zinsen "schwieriger" als die Lohnentwicklung, die Finanzierung sei viermal so teuer geworden, so Graf.

Keine Alleingänge

Patricia Neumann vermisst Pragmatismus und eine simplere Umsetzung der Vorhaben angesichts der bürokratischen Hürden. Und es fehle an Zusammenarbeit: "Aufgrund der Komplexität kann ein Unternehmen oder Bundesland heute nicht mehr alle notwendigen Lösungen alleine finden." Auch den Mangel an Lehrlingen und Fachkräften sprach sie an.

Appell an die EU

Voest-Vorstand Franz Kainersdorfer betonte, wie intensiv man an der CO₂-freien Stahlproduktion arbeite. Gleichzeitig legte er die Problemzonen bei den hohen Kosten offen. "Die EU straft, die USA ermutigen in Sachen CO₂-Reduktion." An Karas richtete er den Appell: "Überprüfen sie die Zeitschiene der Regulative für die CO₂-Reduktionen."