"CO₂-neutral zur Biennale fliegen? Für uns keine Kunst": Mit diesem Slogan hatte die AUA für einen Flug nach Venedig geworben. Möglich machen sollte das ein Aufpreis beim Ticket. Um das Geld werde dann nachhaltiges Kerosin aus Pflanzenöl gekauft, hieß es. Dieses Kerosin nennt sich Sustainable Aviation Fuel (SAF).
"Grundsätzlich begrüßen wir alle unternehmerischen Anstrengungen, die dem Umweltschutz dienen: Allerdings ist es technisch im Moment noch gar nicht möglich, CO₂-neutrale Flüge durchzuführen. Derzeit kann nachhaltiger Flugkraftstoff aus Sicherheitsgründen nur zu einem sehr untergeordneten Anteil herkömmlichem Kerosin beigemengt werden, maximal zu fünf Prozent", sagt Barbara Bauer, Juristin beim Verein für Konsumenteninformation VKI. Fünf Prozent sind freilich weit davon entfernt 100 Prozent zu sein. "Bei der AUA ist es sogar noch weniger, nämlich 0,4 Prozent. Sogar wenn alle Konsumenten des betreffenden Flugs die Nachhaltigkeitsoption gewählt hätten, wäre nicht mal sichergestellt, dass der Flug irgendeinen Anteil an nachhaltigem Flugkraftstoff enthält."
Der VKI klagte beim Landesgericht Korneuburg wegen Konsumententäuschung - und bekam jetzt Recht.
Nachhaltiger Treibstoff gegen Aufpreis
Es ist nach der Klage gegen die Brauunion bereits das zweite Urteil, das der VKI in Sachen Greenwashing in Österreich erwirkt hat. Diese warb damit, Gösser-Bier "zu 100 Prozent CO₂-neutral" herzustellen. Doch das betreffe nur das Brauen, nicht aber den kompletten Herstellungsprozess des Bieres, befand das Landesgericht Linz. Eine irreführende Werbung also. Die Brauunion hat das Urteil angefochten.
Auch in Deutschland gibt es bereits Greenwashing-Urteile. Etwa gegen dm Drogeriemarkt wegen der Werbung für eine Eigenmarke. Das Landgericht Karlsruhe entschied, dass der Begriff "klimaneutral" und ein entsprechendes Logo nicht mehr auf den Artikeln stehen darf. Die beworbene Klimaneutralität erreichte dm nämlich nur durch Kompensationsprojekte, unter anderem durch Zahlungen an ein Waldschutzprojekt. Ein Verfahren gab es auch gegen Katjes Fruchtgummis. "Was sowohl in Deutschland als auch in Österreich noch aussteht, sind höchstinstanzliche Urteile vom Bundesgerichtshof bzw. Obersten Gerichtshof", sagt Bauer.
Es grünt so grün
Greenwashing, Grünfärbung also, ist groß in Mode. "Jedes Unternehmen positioniert sich mit Nachhaltigkeit, weil es für die Konsumentinnen wichtiger wird", so Ursula Bittner von Greenpeace. Einheitliche Regeln gibt es derzeit nicht. "Das heißt, jeder kann selber Gütezeichen erfinden und sagen, mein Produkt ist jetzt grüner oder nachhaltig", so Bittner.
Auch der Österreichische Werberat beschäftigt sich immer öfter mit dem Thema. "Wir adaptieren unseren Selbstregulierungskodex dahingehend immer stärker wie überhaupt an aktuelle Entwicklungen", sagt Geschäftsführerin Andrea Stoidl. Die "CO₂-neutrale" AUA-Werbung war auch beim Werberat als Beschwerde eingegangen - als eine von mehr als 500 Beschwerden 2022. Eine andere Rüge bezog sich auf das Werbewort "Naturpool", der Beschwerdeführer regte stattdessen die Bezeichnung "Freibad mit biologischer Wasseraufbereitung" an. "Aber wir halten die Selbstregulierung hoch und erwarten mit Spannung die Richtlinien, die die EU derzeit zu Greenwashing in Ausarbeitung hat." Die EU hat das Problem also erkannt. Die Richtlinie könnte noch dieses Jahr beschlossen werden.