Die ikonischen Fotos von Kate Moss im Modemagazin "The Face" 1990: mit nichts bekleidet als einem Sweatshirt, einem Bikini-Höschen - und weißen Birkenstocks. Die Auktion bei Julien's in New York im vergangenen November, als die ausgetretenen Sandalen von Apple-Mitgründer Steve Jobs mit einem Zuschlag bei 218.000 Dollar weggingen. Es waren Birkenstocks. Bei den Oscars 2019 übergab Frances McDormand den Preis für die Beste Hauptdarstellerin - in knallgelben Birkenstocks. Und jetzt die geniale Produktplatzierung im Barbie-Film, wo die Birkenstock-Sandale nichts Geringeres als das Leben in Freiheit symbolisiert. Ein PR-Coup, für den Birkenstock angeblich nicht einmal bezahlen musste.
"Die Mode hat sich uns angepasst"
Die Weltmarke, deren Wurzeln sich bis ins Jahr 1774 zurückverfolgen lassen, versteht es beispielhaft, sich ihr derbes Öko-Image, ihre Ästhetik des Hässlichen zunutze zu machen. Vom orthopädisch inspirierten Schuhmacherfabrikat mauserte sich das Schuhwerk zur zeitlosen Super-Brand. "Ugly Shoes" (hässliche Schuhe) sind seit Jahren ein Mega-Trend, den das Unternehmen aus Linz am Rhein angestoßen hat. Abgesehen von den Farben und dem Verlauf der Lederriemen hat Birkenstock bei der Sandale seit den 1960er Jahren nur wenig geändert. "Und genau das ist das Kapital der Marke", sagt CEO Oliver Reichert jetzt dem Magazin "Spiegel". "Wer sich einmal zu diesen breiten, hässlichen Schuhen durchgerungen hat, der bleibt ihnen treu." Und Reichert besteht darauf, dass "die Mode sich uns angenähert hat, nicht wir der Mode".
Mehrheit gehört zu Luxuskonzern LVMH
Der ehemalige Fernseh-Journalist und Krisen-Reporter war es, der die Erben Christian und Alexander Birkenstock 2021 dazu ermutigte, die Mehrheit an die Private-Equity-Gesellschaft L Catterton abzugeben, hinter der unter anderen der französische Luxusgüterkonzern LVMH (Louis Vuitton Moët Hennessy) und dessen Hauptaktionär Bernard Arnault steht. Rund 65 Prozent liegen seither bei dem Finanzinvestor, etwa 20 Prozent hält Arnault über sein Vehikel Agache. Um die vier Milliarden Euro sollen die Birkenstock-Erben damit eingenommen haben, heißt es. Mit den LVMH-Marken ist Birkenstock mit Kollaborationen verbunden. Sie machen aus Latschen Luxus, Dior-Birkenstocks steigern nebenbei den Wert des Investments in Birkenstock.
Der Schuh geht um die Welt
Und jetzt von Linz an die Wallstreet: Ein Jahr vor dem 250. Firmenjubiläum hat Birkenstock sein Börsendebüt in New York offiziell angekündigt und hofft mindestens auf eine Acht-Milliarden-Dollar-Bewertung. Manche Finanzkreise sprechen sogar von einem Firmenwert von mehr als zehn Milliarden Dollar. Die Erstnotiz wird für 9. Oktober angestrebt. Dabei hilft nicht nur der Barbie-Hype und die Abkehr von der Wegwerfgesellschaft. Auch den Pandemie-Schock hat Birkenstock so gut überstanden wie kaum ein anderes Modelabel - durch seine perfekte Eignung als Home-Office-Schuh. Reichert sagt: "Wenn ein Baum nicht mehr austreibt, dann ist es vorbei – egal, wie groß er ist."
Auf aktuell 6200 Mitarbeiter ist das Unternehmen angewachsen - mit acht Produktionsstandorten in Deutschland und Vertriebsniederlassungen in den USA, Brasilien, China, Hongkong, Japan, Dänemark, der Slowakei, Spanien und dem Vereinigten Königreich. Birkenstock geht um die Welt, wiewohl 95 Prozent der Produkte laut eigenen Angaben in Deutschland gefertigt und mehr als 90 Prozent der Materialien und Komponenten aus Europa bezogen werden. Jede Sandale durchläuft 17 Arbeitsschritte.