Die EU-Kommission sieht die europäische Autobranche durch billige E-Autos aus China in Gefahr und prüft deshalb Antidumpingzölle. "Die weltweiten Märkte werden mit billigen Elektroautos geflutet", sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Mittwoch. "Und ihr Preis wird durch gewaltige staatliche Subventionen künstlich niedrig gehalten." Die EU-Kommission habe deswegen Ermittlungen wegen der chinesischen Subventionspraxis auf den Weg gebracht.
Fragen und Antworten
Von der deutschen Bundesregierung und Frankreich kam Zustimmung zu dem Schritt, Branchenvertreter warnten allerdings vor Vergeltungsmaßnahmen Chinas. Chinesische Autobauer drängen zunehmend auf den europäischen Markt und haben gerade erst auf der Messe IAA in München mit ihren E-Auto-Modellen aufgetrumpft.
Solarbranche wurde aus Markt gedrängt
Von der Leyen erinnerte an das Geschick der europäischen Solarbranche: Diese wurde von chinesischen Billigimporten aus dem Markt gedrängt. Als Reaktion hatte die EU-Kommission Antidumpingzölle gegen chinesische Solaranlagen auf den Weg gebracht, was um ein Haar einen Handelskrieg ausgelöst hatte. Die Beziehungen zwischen der EU und China sind angespannt, nicht zuletzt wegen der engen Beziehungen Chinas zu Russland. Die EU arbeitet derzeit daran, ihre Abhängigkeit von China bei Rohstoffen und vielen Produkten zu reduzieren.
Deutschland und Frankreich begrüßten den Schritt
Die EU-Kommission hat nun bis zu 13 Monate Zeit, um über zusätzliche Zölle auf chinesische Elektroautos zu entscheiden. Derzeit werden für Importfahrzeuge zehn Prozent fällig. Dabei geht es nicht nur um die Autos chinesischer Unternehmen, sondern auch um die Fahrzeuge, die von westlichen Firmen in der Volksrepublik für den Export gebaut werden. Unter anderem BMW, Tesla oder Renault exportieren ihre Autos von China aus in die EU. Ungewöhnlich ist, dass die EU-Kommission die Ermittlungen selbst eingeleitet hat und nicht auf Beschwerden der Industrie reagiert.
Unlauterer Wettbewerb durch versteckte Subventionen?
Deutschland und Frankreich begrüßten den Schritt. "Das ist insgesamt die richtige Haltung", sagte Deutschlands Wirtschaftsminister Robert Habeck. Es sei richtig, dieses Marktsegment vertieft zu prüfen. Es müsse geklärt werden, ob es einen unlauteren Wettbewerb durch versteckte Subventionen für chinesische Anbieter gebe. Vor Gegenmaßnahmen Chinas habe er keine Sorgen, die gebe es ja bereits, so Habeck. Ähnlich äußerte sich Frankreichs Wirtschaftsminister Bruno Le Maire bei einer gemeinsamen Pressekonferenz in Berlin: "Europa muss in der Lage sein, seine ökonomischen Interessen zu verteidigen."
Warnung vor Handelskrieg
Der deutsche Branchenverband VDA warnte indes vor einem Handelskrieg. Bei den Antisubventionsuntersuchungen handle es sich um ein sehr formales Verfahren. "Mögliche Gegenreaktionen aus China müssen ebenfalls berücksichtigt werden." Die Analysten von Bernstein verwiesen darauf, dass Europas Autobauer stark vom China-Geschäft abhängig seien – sollte es zu Vergeltungsmaßnahmen kommen, dürfte das besonders die Premiumhersteller wie BMW oder Mercedes treffen. BMW und VW lehnten eine Stellungnahme ab.
Aufsehen mit Elektrofahrzeugen
Bei der Automesse IAA in München hatten chinesische Autobauer mit ihren Elektrofahrzeugen für Aufsehen gesorgt. Auf dem Heimatmarkt haben Firmen wie BYD den lange führenden europäischen Herstellern inzwischen den Rang abgelaufen. Zunehmend werden die Autos auch im Ausland verkauft. In Europa kommen chinesische Hersteller nach Angaben der Beratungsfirma Inovev bei Elektroautos auf einen Marktanteil von acht Prozent, 2021 waren es noch vier Prozent gewesen. Die Fahrzeuge aus China werden in vielen europäischen Ländern im Schnitt um fast ein Drittel günstiger angeboten als vergleichbare Autos westlicher Hersteller.
Massiv unter Druck geraten
BMW-Chef Oliver Zipse hatte zuletzt gesagt, er sorge sich vor allem um Massenhersteller, die durch die Konkurrenz aus der Volksrepublik massiv unter Druck gerieten. Allerdings sind erschwingliche Elektroautos aus europäischer Produktion bisher weitgehend Mangelware. VW etwa will erst ab 2025 Elektroautos für weniger als 25.000 Euro anbieten. Der Gründer des chinesischen Herstellers Nio hatte im April die Kostenvorteile chinesischer Unternehmen auf ungefähr 20 Prozent beziffert. Wichtigster Grund ist, dass die für die Batterien nötigen Rohstoffe vor allem aus China kommen. Chinesische Autobauer müssten sich auf protektionistische Schritte aus dem Ausland einstellen, warnte er zu dem Zeitpunkt.