Der als "Plagiatsjäger" bekannte Salzburger Kommunikationswissenschaftler Stefan Weber erhebt Vorwürfe gegen ÖBB-Chef Andreas Matthä. "Bei der vorliegenden Diplomarbeit handelt es sich um einen schweren Bruch mit der akademischen Integrität. Die Arbeit besteht zu wesentlichen Teilen aus zum Teil absatz- bis seitenlangen Textplagiaten", so Weber zur APA. Bahnchef Matthä betont: "Ich habe Studium, Diplomarbeit und Diplomprüfung nach bestem Wissen und Gewissen erledigt."
Weber hingegen meint: "Der berühmte Täuschungsnachweis ist diesmal durch die Art des Plagiierens klar nachweisbar." Der akademische Grad von Matthä müsse aberkannt werden. "Wenn es mit rechten Dingen zugeht, muss Herr Matthä seinen Magistergrad von der FH Wien verlieren. (...) Die Täuschungsabsicht ist evident, wenn nicht nur abgeschrieben wurde, sondern auch die entsprechenden Quellen nie angegeben wurden, ja mehr noch: wenn immer andere Quellen angegeben wurden, in denen sich die Formulierungen so aber nie finden. Selbst das Schlusswort wurde dreist plagiiert", so das Fazit von Weber.
Weber: "Es handelt sich um einen klaren Fall von nachweislicher Täuschungsabsicht"
Für ihn ist dies sein "sonnenklarster Fall". "An ihm wird sich endgültig zeigen, was vom Hochschulsystem hierzulande zu halten ist", meinte Weber zur APA. Er ist sich sicher: "Es handelt sich um einen klaren Fall von nachweislicher Täuschungsabsicht."
Matthä hielt in einer Stellungnahme gegenüber der APA fest, dass er die Fachhochschule Wien um eine Prüfung seiner Arbeit gebeten habe. "Die Diplomarbeit über 'Mitarbeitergespräch und Mitarbeiterbeurteilung am Beispiel des ÖBB-Geschäftsbereichs Planung und Engineering' habe ich entsprechend der damals geltenden wissenschaftlichen Standards und technischen Möglichkeiten geschrieben", so der Bahnchef. Weber habe weder die FH Wien noch ihn zu den Vorwürfen kontaktiert.
Vonseiten der ÖBB hieß es, dass Matthä seit 1982 bei der Staatsbahn beschäftigt ist und sein Studium gemacht habe, um sein fachliches Know-how weiter zu vertiefen und seinen Horizont zu erweitern – aus persönlichem Bildungshunger. Seine Karriere sei durch dieses Studium nicht beeinflusst worden.
Uni Graz entzog Buchmann Doktortitel
Weber ist dafür bekannt, dass er bereits mehrfach wissenschaftliche Abschlussarbeiten von Politikerinnen und Politikern unter die Lupe genommen hat. 2017 entzog die Uni Graz nach Plagiatsvorwürfen dem damaligen steirischen Wirtschaftslandesrat Christian Buchmann (ÖVP) seinen Doktortitel, Buchmann trat in weiterer Folge zurück. Im Jänner 2021 erklärte die damalige Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP) ihren Rücktritt, nachdem Weber ihr Plagiate in ihrer 2020 in Bratislava eingereichte Dissertation und ihre Diplomarbeit an der FH Wiener Neustadt vorgeworfen hatte.