Ausländische Gläubiger von Country Garden bereiten sich offenbar auf eine mögliche Umschuldung des strauchelnden chinesischen Immobilienkonzerns vor. Sie hätten sich bei ihm juristischen Rat eingeholt, sagte Anwalt John Han von der Kanzlei Kobre & Kim am Mittwoch. Zu den diskutierten Optionen gehöre die Bildung einer Interessengemeinschaft, um gegenüber dem Konzern eine bessere Verhandlungsposition zu haben.

Country Garden ist der bisher größte private Immobilienentwickler der Volksrepublik und hat sich auf Objekte in kleineren Städten spezialisiert. Das Unternehmen sitzt auf einem umgerechnet 178 Milliarden Euro hohen Schuldenberg. Drei Viertel dieser Summe kommen Han zufolge von ausländischen Geldgebern. Für den Schuldendienst gibt es nach Aussagen von Country Garden derzeit kaum freie Mittel, weil ein Großteil der Gelder auf Treuhandkonten liege, um Baufirmen für die Fertigstellung von Immobilien zu bezahlen.

Fast eine Million Wohnungen im Bau

Den Experten der Investmentbank Nomura zufolge hat Country Garden derzeit fast eine Million Wohnungen im Bau. Die Kosten für deren Fertigstellung bezifferten ihre Kollegen von der US-Bank JPMorgan auf fast 40 Milliarden Euro. Börsianer warteten am Mittwoch außerdem gespannt auf die Veröffentlichung der Geschäftszahlen. Das Unternehmen hatte gewarnt, dass sich der Halbjahresverlust auf 6,9 Milliarden Euro in etwa verachtfachen werde.

Unabhängig davon kündigte Country Garden eine Kapitalerhöhung an. Die Immobilienfirma will neue Anteilsscheine im Volumen von umgerechnet knapp 32 Millionen Euro an einen ihrer Gläubiger, Kingboard, ausgeben. Dadurch reduzierten sich die Schulden bei der Investmenttochter des Laminatanbieters, Ever Credit, auf rund 187 Millionen Euro. An der Börse kam dies nicht gut an. In Hongkong verloren Aktien von Country Garden 3,3 Prozent und Kingboard-Titel 4,1 Prozent.

Verlängerung der Rückzahlungsfrist?

Als Reaktion auf die prekäre Finanzlage hatte Country Garden vor einigen Wochen den Handel mit einem Teil seiner chinesischen Anleihen gestoppt. Einem Medienbericht zufolge plant die Firma eine Umschuldung. Zudem verhandelt die Firma mit den Haltern eines umgerechnet etwa 492 Millionen Euro schweren, am Samstag fälligen inländischen Bonds über eine Verlängerung der Rückzahlungsfrist. Die Entscheidung hierüber muss bis Donnerstag fallen. Anfang August hatte Country Garden bereits die Zinszahlungen für zwei inländische Dollar-Bonds verpasst. Die Nachfrist hierfür läuft bis zum 5. September.

Gesamte Branche steckt in Schwierigkeiten

Die gesamte chinesische Immobilienbranche steckt in Schwierigkeiten, da die Immobilienpreise wegen der schwächelnden Konjunktur fallen und frische Kredite gleichzeitig teurer werden. Prominentestes Beispiel hierfür ist China Evergrande, die mit umgerechnet 303 Milliarden Euro weltweit am höchsten verschuldete Immobilienfirma. Der Sektor steht für ein Viertel der Wirtschaftsleistung der Volksrepublik.

Um eine Verschärfung der Krise zu verhindern, springt der Staat in die Bresche. So lockerte die Millionenstadt Guangzhou die Regeln zur Vergabe von Vorzugsdarlehen an Immobilienkäufer. Peking, Schanghai und Shenzhen könnten diesem Beispiel folgen, ebenso wie ein Dutzend kleinerer Großstädte. Insidern zufolge sollen staatliche Banken darüber hinaus die Zinsen für bestehende Hypotheken senken.