"Chapeau" hatte Wifo-Chef Gabriel Felbermayr sofort via "X" getwittert, als die Pläne für die Mietenbremse der Regierung durchsickerten. Er sieht die ÖVP-Wende bei diesem monatelang umfehdeten Thema als ausgesprochen bemerkenswert an. "Das muss man der ÖVP hoch anrechnen. Seine politische Position auch zu räumen, das ist keine Kleinigkeit." Der Mietpreisdeckel werde die Inflation senken, nicht schnell um viele Zehntelprozentpunkte, "aber er ist ein Schritt in die richtige Richtung", so Felbermayr im Gespräch mit der Kleinen Zeitung. Zusammen mit dem Gebührenstopp gehe es bereits um fast einen ganzen Prozentpunkt, um den die Inflation sinken werde.
Seine volle Wirkung könne die Bremse erst ab 2024 entfalten, so der Wifo-Chef. "Aber was sie schon jetzt bringt, ist Sicherheit, und das ist eine Menge wert. Die Angst, dass bald noch einmal zweistellige Mieterhöhungen auf viele Mieter zukommen, die ist effektiv aus der Welt geräumt", sagt er. Mit den zu erwartenden deutlichen Lohnsteigerungen im Herbst dürfte das die Haushalte entlasten.
"Ein deutliches Zeichen"
Auch wenn er sich die Maßnahme bereits im März gewünscht hätte, teilt er die Kritik von vielen Seiten - nach dem Motto "zu wenig, zu spät" - nur bedingt. Felbermayr: "Besonders im geförderten Wohnbau wäre es sonst 2024 zu massiven Erhöhungen gekommen. Da reden wir über 15 Prozent. Im Frühjahr, als sich die Regierung nicht einigen konnte, wäre es ja nur um die Richtwertmieten gegangen. Das Segment ist jetzt viel größer, umfasst alle Mieten im regulierten Bereich. Das sollte man wahrnehmen. Da setzt die Regierung ein deutliches Zeichen. Das ist ein Stabilisierungsbeitrag." Dass nicht alle Mieten gedeckelt werden, ist mit rechtlichen Bedenken zu begründen. In Deutschland war ein zu weitreichender Eingriff erst kürzlich von den Verfassungsrichtern gekippt worden.
Appell an Sozialpartner
Felbermayr appelliert schon seit Monaten an alle Parteien und die Sozialpartner, mehr an einem Strang zu ziehen. Insofern hätte er einen Mietendeckel schon gern im Frühjahr gesehen, "als Signal, dass wir Kompromisse finden, die Symbolik hätte sich dann schon früher entfalten können".
Inzwischen hat sich der ÖGB auf eine harte Herbstlohnrunde eingeschossen. Felbermayr hofft, dass nun Bedingungen geschaffen wurden, die Kompromisse leichter machen. Traditionell kommentieren die Wirtschaftsforscher die Lohnrunden nicht. Klar ist aber, dass die wirtschaftliche Lage insbesondere in der Industrie und am Bau derzeit alles andere als rosig ist.
"Mit dem Mietthema sind wir noch lange nicht fertig"
Impulse für den Bau könnte es durch ein umfassendes Sanierungspaket geben. Felbermayr: "Für das nächste Regierungsabkommen – wer auch immer dann die Regierung bildet – muss fundamental darüber nachgedacht werden, wie Mieten zu gestalten sind und wie man energetische Sanierungen vorantreibt." Da müsse es dann Anreize für Vermieter geben. "Mit dem Mietthema sind wir jedenfalls noch lange nicht fertig", sagt Felbermayr.
Der Wifo-Chef hatte bereits häufiger gefordert, die bisherige Koppelung der Mietzinse an den Verbraucherpreisindex (VPI) aufzulösen und einen anderen Mechanismus zu finden.
Claudia Haase