Die Lebensmittelpreise haben heuer überdurchschnittlich stark angezogen. Die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) untersucht seit Herbst vergangenen Jahres, wie sich der Wettbewerb in der Branche entwickelt hat und wo die Preissteigerungen hingeflossen sind. Mit 2200 befragten Unternehmen ist es die größte Untersuchung, die die Behörde je durchgeführt hat.
„Die BWB evaluiert vertiefend, ob konkrete Wettbewerbsprobleme zu Preiserhöhungen geführt haben. Preise sind in fast allen Bereichen stark gestiegen“, wurde BWB-Interimschefin Natalie Harsdorf-Borsch im Sommer zitiert. Man prüfe „mit der Wettbewerbslupe, ob die Preise bei den Lebensmitteln ungerechtfertigt erhöht wurden, weil es beispielsweise zu wenig Wettbewerb in bestimmten Produktkategorien gibt oder bestimmte Unternehmen eine zu große Verhandlungsmacht aufgrund zu hoher Marktkonzentration haben“.
Danach kann die BWB Empfehlungen aussprechen, unmittelbare Maßnahmen für die Unternehmen kann die Behörde allerdings nicht anordnen, dafür fehlen derzeit die Kompetenzen. Harsdorf-Borsch wünscht sich daher mehr Eingriffsmöglichkeiten und führt im Gespräch mit dem Ö1-Journal des ORF-Radios Deutschland als Vorbild an.
Transparenzmaßnahmen auferlegen
In dem Nachbarland stehe der Kartellbehörde ein breites Instrumentarium zur Verfügung. So könne die deutsche Behörde Unternehmen Transparenzmaßnahmen auferlegen oder in bestimmte Verträge eingreifen. „Es kann aber auch bis zum Verkauf von gewissen Anteilen gehen, um die Konzentration zu verringern auf den Märkten“, so Harsdorf-Borsch. Sie wünsche sich für die heimische BWB dieselben Rechte.
Das Wirtschaftsministerium hatte im Mai bereits eine Verschärfung des Wettbewerbsrechts angekündigt. Laut dem von Martin Kocher (ÖVP) geführten Ministerium laufen die Gespräche diesbezüglich noch, in den kommenden Wochen sollen aber Ergebnisse präsentiert werden, heißt es in dem Beitrag.
SPÖ: BWB muss direkt eingreifen können
Auch die SPÖ hat heute mehr Kompetenzen für die Wettbewerbsbehörde gefordert. So müsse die Behörde die Möglichkeit haben, „etwa bei explodierenden Energie- oder Lebensmittelpreisen direkt eingreifen zu können“, so SPÖ-Wirtschaftssprecher Christoph Matznetter. Auch finanziell gehöre die BWB gestärkt.
Der Handelsverband heißt die Überprüfung der Branche durch die BWB gut und hofft, "dass mit Vorliegen des finalen Berichts im Oktober Klarheit besteht, wer übergebührlich von der Teuerung profitiert hat und wer nicht", sagte der Geschäftsführer Rainer Will. Bei einer ähnlichen Überprüfung der britischen Behörde sei herausgekommen, dass die hohen Preise bei Lebensmitteln nicht durch die britischen Handelsunternehmen verursacht wurden.
700 Handelsunternehmen und 1500 Lieferanten
Seit Oktober 2022 hat die BWB 700 Handelsunternehmen und 1500 Lieferanten aus der Lebensmittelbranche zu Umsätzen, Sortiment, Marktanteilen, Preissetzung, Geschäftspraktiken, Eigenmarken, Kosten sowie Kostenweitergabe, Eintrittsbarrieren, Preistransparenz befragt. Dabei wurde ein Fokus auf 34 Produktgruppen – unter anderem Trinkmilch, Teigwaren, Brot und Gebäck sowie Frischfleisch – gelegt.