Die Währungshüter der Europäischen Zentralbank (EZB) sind wegen der sich eintrübenden Konjunkturaussichten Insidern zufolge zunehmend besorgt. Die Wahrscheinlichkeit einer Zinspause nehme zu, auch wenn die Debatte noch nicht abgeschlossen sei, sagten mehrere mit den Diskussionen vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters.
Die EZB hat im Kampf gegen die Inflation seit Sommer 2022 bereits neunmal in Folge die Zinsen angehoben – zuletzt im Juli um einen viertel Prozentpunkt.
Der Leitzins, zu dem sich Geschäftsbanken frisches Geld bei der EZB besorgen können, liegt inzwischen bei 4,25 Prozent, der Einlagensatz, den Banken für das Parken überschüssiger Gelder von der Notenbank erhalten, bei 3,75 Prozent – das höchste Niveau seit 23 Jahren.
Konjunkturdaten hinter den Erwartungen
Gespräche mit acht Währungshütern in Europa sowie am Rande des Notenbank-Symposiums in Jackson Hole deuten inzwischen darauf hin, dass sich die Stimmung ändert. In den vergangenen sechs Wochen waren mehrere wichtige Konjunkturindikatoren hinter den Erwartungen zurückgeblieben.
"Die Zahl der Stimmen, die für eine Pause plädieren, nimmt mit dem Eintreffen von Daten zu", sagte einer der Insider. Mehrere Euro-Wächter merkten an, sie sähen die Wahrscheinlichkeit zwischen einer Anhebung und einer Pause inzwischen gleichmäßig verteilt. Eine kleinere Zahl von Währungshütern sah eine Pause dagegen als wahrscheinlicher an.
Teuerung über fünf Prozent
Keiner der Währungshüter hielt eine Anhebung für das wahrscheinlichste Resultat, selbst wenn dies ihre bevorzugte Option ist. Vor sechs Wochen wurde dagegen noch eine Anhebung als das wahrscheinlichste Szenario angesehen. Die EZB lehnte eine Stellungnahme ab.
Alle Insider stimmten überein, dass selbst bei einer Zinspause im September die EZB klarmachen müsse, dass ihre Arbeit noch nicht getan ist und weitere Zinserhöhungen nötig sein könnten.
Es könnte Monate dauern, vielleicht bis Anfang 2024, bevor man sicher sein könne, dass sich die Inflation im Euroraum auf das Zwei-Prozent-Ziel der EZB zubewege. Zuletzt lag die Teuerung bei 5,3 Prozent.