Die von der Europäischen Zentralbank vorgegebenen Zinsen sind seit Juni 2022 laufend angehoben worden. Der Leitzins liegt nun bei 4,25 Prozent. Der Einlagenzins, der die Sparzinsen für Verbraucher bestimmt, beträgt 3,75 Prozent. Laut dem wirtschaftsliberalen Agenda Austria Institut kommt nur ein Bruchteil beim Sparer an, die Weitergabe sei hierzulande aber vergleichsweise hoch. Dem AK-nahen Momentum Institut zufolge verdienten Austro-Banken seit August 2022 so 1,58 Milliarden Euro.
Italiens Rechtsaußen-Regierung hat zuletzt etwa eine einmalige Übergewinnsteuer für Banken angekündigt, da die Weitergabe der höheren Zinsen nicht geschehe. Nach heftigen Börsenturbulenzen nach der kurzfristigen Ankündigung wurde diese Extra-Steuer wieder deutlich abgeschwächt – auf höchstens 0,1 Prozent der Bilanzsumme der Institute. Sondersteuern für Banken gibt es sonst in Europa im linksregierten Spanien und im rechtspopulistisch geführten Ungarn.
FPÖ fordert Abschöpfsteuer
In Österreich fordert die FPÖ eine Abschöpfsteuer bei den Geldinstituten. Die SPÖ rief nach einem Eingriff der Regierung. Die Bundesregierung erteilte dem Ruf nach einer Sondersteuer eine Abfuhr. Sie geht über den Verein für Konsumenteninformation (VKI) mit einer Verbandsklage vor, wie Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) am Dienstag verkündete.
Weitergabe der Leitzinsen an die Sparer hoch
Eine Aufstellung der Agenda Austria auf Basis von Angaben der "Financial Times" zeigt, dass die Weitergabe der Leitzinsen an die Sparer in Österreich seit den Zinserhöhungen immerhin vergleichsweise hoch war. Nur Geldhäuser in Großbritannien, Frankreich und Luxemburg gaben die Zinserhöhungen an Sparer stärker weiter. Trotzdem zeigen die Daten, dass nur 29 Prozent der gestiegenen Zinssätze hierzulande weitergegeben wurden. Auch in Großbritannien waren es nur 43 Prozent, also nicht einmal die Hälfte. Am unteren Ende der Skala liegen Irland und Slowenien mit nur sieben Prozent. In der Eurozone und Deutschland seien es 20 Prozent gewesen, in Italien, das die Sondersteuer einführt, elf Prozent, so die Agenda Austria.
1,58 Milliarden Euro verdient
Laut den Angaben der arbeitnehmervertretungsnahen Ökonomen von Momentum parken Austro-Banken seit vorigen September 115 Milliarden Euro bei der EZB. So hätten sie in den vergangenen elf Monaten 1,58 Milliarden Euro verdient. Den Zinsanstieg, den sie bekommen haben, gaben sie so nicht weiter. Während der Einlagenzins bei der EZB neunmal auf nunmehr 3,75 Prozent angehoben wurde, stieg der Zinssatz für täglich fällige Einlagen nur von 0,06 Prozent auf 0,55 Prozent (Ende Juni 2023), während Banken dem von der Arbeiterkammer (AK) geführten Bankenrechner Sollzinsen zwischen 6,75 und 13,25 Prozent verrechnen.
"Banken verwehren hohe Zinssätze"
Insgesamt 1,85 Milliarden Euro an Zinsen hätten österreichische Banken von August 2022 bis Juni 2023 für ihre Einlagen bei der EZB erhalten, so das Momentum Institut. Für dieselbe Summe an Kundeneinlagen bei den Banken bezahlten die heimischen Institute im selben Zeitraum 358 Millionen Euro an Zinsen – macht 1,58 Milliarden Euro Gewinn, wie Momentum vorrechnete. Es brauche eine Übergewinnsteuer für Banken und eine Mindestverzinsung von drei Prozent für Spareinlagen bis 40.000 Euro pro Person.
"Die Banken verwehren ihrer eigenen Kundschaft eine risikolose, täglich fällige Einlage zu entsprechend hohen Zinssätzen", kritisiert Momentum-Ökonom Oliver Picek. "Genau die nehmen sie aber bei der Europäischen Zentralbank selbst in Anspruch. Dadurch erzielen sie ohne Aufwand Gewinne, aber die Sparerinnen und Sparer schauen durch die Finger."
"Dilemma im Verständnis der Zinspolitik"
Statt gesetzlich vorgeschriebener Zinssätze für Banken oder der Drohung mit neuen Steuern solle die Politik aufhören, die Lasten der langjährigen Politik des kostenlosen Geldes auf andere abzuwälzen, heißt es hingegen vom wirtschaftsliberalen Thinktank Agenda Austria. Vielmehr herrsche ein "Dilemma im Verständnis der Zinspolitik". "Die Banken orientieren ihre Sparzinsen sowohl an den eigenen Kosten als auch an Angebot und Nachfrage, so funktioniert Marktwirtschaft", so Agenda-Ökonom Hanno Lorenz. Geld gebe es aufgrund der lang anhaltenden Nullzinsphase sowie der Hilfsprogramme der Regierungen der letzten Jahre aber nach wie vor im Überfluss, das hohe Angebot drücke die Zinsen.
"Steuer auf Übergewinne"
Das Momentum Institut ist auch für eine Steuer auf Übergewinne der Banken. Diese gingen auf die Zinszahlungen der EZB an die Banken zurück. Das verursache Eurostaaten wie Österreich einen milliardenschweren finanziellen Schaden im staatlichen Budget. Jeder an Banken ausbezahlte Euro der EZB koste den österreichischen Staat als Besitzer der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) auch einen Euro – in Form von verlorenen künftigen Ausschüttungen der Nationalbank an die Republik. Eine Übergewinnsteuer solle dies ausgleichen.
Negative Einlagenzinsen bei der EZB hatten die heimischen Banken nicht an Privatkunden in Österreich weitergeben dürfen.