Bayer hat für seine beiden größten Sparten Crop Science und Pharma pessimistische Aussichten. Bereits im Juli hatte der Dax-Konzern den Jahresausblick gesenkt, dabei aber vor allem auf die nach einem Vorjahresboom mittlerweile deutlich gesunkenen Preise für den Unkrautvernichter Glyphosat verwiesen.
Nun zeigt sich, dass auch das Geschäft mit rezeptpflichtigen Medikamenten schwächelt.
Der neue Chef, Bill Anderson, betonte, dass aktuell jeder Stein umgedreht werde. Eine Aufspaltung ist damit nicht ausgeschlossen.
Von dem ausgewiesenen Pharmaexperten Anderson erhoffen sich Anleger frischen Schwung, nicht nur im Tagesgeschäft. Schon länger fordern einige Investoren eine Aufspaltung des Konzerns, da sie die US-Rechtsprobleme rund um Glyphosat als Belastung für Crop Science sehen und die Bayer-Einzelteile für wertvoller halten als den Konzern als Ganzes.
Die Wurzel des Übels
Die Senkung des Ausblicks war die erste größere Maßnahme des erst seit Juni amtierenden Anderson. Investoren hoffen, dass er damit erst einmal reinen Tisch gemacht hat.
Der Manager folgte auf Werner Baumann, der die mehr als 60 Mrd. Dollar (55 Mrd. Euro) teure Übernahme des US-Agrarchemiekonzerns Monsanto zum Missfallen vieler Investoren durchgeboxt und Bayer damit auch den US-Glyphosat-Rechtsstreit um angebliche Krebsrisiken des Unkrautvernichters sowie Spätfolgen der seit Jahrzehnten verbotenen Chemikalie PCB eingebrockt hatte.
Mit Blick auf das Tagesgeschäft erwartet Bayer 2023 nun für das Agrarchemie- und Saatgutgeschäft Crop Science einen um Wechselkursveränderungen bereinigten etwa fünf Prozent geringeren Umsatz als im Vorjahr – statt eines Plus von drei Prozent, wie das Unternehmen am Dienstag mitteilte.
Minus von zehn Prozent
Nach dem ersten Halbjahr steht hier ein Minus von fast zehn Prozent, vor allem weil das Geschäft mit Unkrautvernichtern um mehr als ein Drittel rückläufig war.
Auf der Pharmasparte lasteten in den vergangenen Monaten vor allem Umsatzeinbußen beim Blutgerinnungshemmer Xarelto. Für das weiterhin umsatzstärkste Medikament nimmt der Konkurrenzdruck zu, da in verschiedenen Teilen der Erde nach und nach die Patente auslaufen. Zudem schwächelte das Wachstum mit dem zweitwichtigsten Medikament, dem Augenmittel Eylea, auch wegen Preisdrucks.
Weiterhin rasant wachsen die Erlöse mit den noch recht neuen Medikamenten Nubeqa, einem Krebsmittel, und Kerendia zur Behandlung der chronischen Nierenerkrankung bei Typ-2-Diabetes.
Kein Wachstum mehr
Für das Pharmageschäft insgesamt erwartet Bayer für 2023 nun kein Wachstum mehr, nachdem bisher ein kleines Plus von einem Prozent in Aussicht gestellt worden war.
In der Pharmasparte plant die Unternehmensführung 2023 ohne Währungseffekte mit einer bereinigten operativen Ergebnismarge von etwa 28 Prozent und bei Crop Science von etwa 21 Prozent. Bisher hatten die Leverkusener operative Gewinnmargen von leicht über 29 Prozent beziehungsweise 25 bis 26 Prozent avisiert.
Gewinneinbruch und Milliardenabschreibung
Die Eckdaten für das zweite Quartal bestätigte der Konzern am Dienstag ebenfalls. Demnach sank der Umsatz um knapp 14 Prozent auf gut elf Mrd. Euro. Negative Währungseffekte ausgeklammert, ergibt sich ein Minus von noch gut acht Prozent. Der bereinigte operative Gewinn brach um rund ein Viertel auf rund 2,5 Mrd. Euro ein.
Unter dem Strich stand ein Verlust von 1,9 Milliarden Euro, auch weil das trägere Glyphosat-Geschäft eine Firmenwertabschreibung in Milliardenhöhe notwendig machte. Das ist nicht die erste deutliche Wertberichtigung, die Bayer auf Monsanto verbuchte.