Die Vorsaison ist ausgezählt. Sie brachte Kärnten von Mai bis Juni 2,3 Millionen Übernachtungen bzw. 636.000 (Urlauber-)Ankünfte. Ein Rückgang von 3,2 bzw. 2,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Sieht auf den ersten Blick nicht wirklich schlimm aus. Das Wetter war ja durchwachsen, und das GTI-Treffen rund um Reifnitz fand nicht statt. Setzt man die Zahlen in Zusammenhang mit Mitbewerbern, offenbart sich eine bedenkliche Entwicklung, die nun von der Wirtschaftskammer in ihrer touristischen Halbjahresbilanz aufgezeigt wurde.
Beispiel Mai: In den GTI-relevanten Wörtherseegemeinden gab es enorme Nächtigungsrückgänge, darunter Keutschach mit knapp 30 Prozent, Krumpendorf und Maria Wörth mit je mit 23 Prozent, Velden mit knapp minus 19 Prozent. Im selben Monat legten andere Regionen deutlich zu. Die Steiermark um fast fünf Prozent, Salzburg um 21 Prozent, Südtirol um 15 Prozent.
Beispiel Juni: Hier verbuchten neun der zehn nächtigungsstärksten Gemeinden Kärntens Rückgänge (einzig Klagenfurt machte zehn Prozent plus - mutmaßlich wegen der zahlreichen Events). Die Region Hermagor-Pressegger See etwa fuhr ein 19-prozentiges Minus ein, Keutschach minus 22 Prozent. Und wieder schaffen Mitbewerber im selben Monat starke Zuwächse. Das Burgenland plus 29 Prozent, Oberösterreich plus fünf Prozent, Salzburg mit 4,4 Prozent. "Jahresvergleiche zeigen, dass andere offenbar viel besser aus der Krise kommen als Kärnten, Südtirol zum Beispiel", sagt Branchensprecher Josef Petritsch. Wirtschaftskammerpräsident Jürgen Mandl: "Die Steiermark beginnt uns bei den Nächtigungen zu überholen. Wir können also nicht so tun, als wäre nichts."
Anker fürs Wiederkommen
Wolfgang Kuttnig, Geschäftsführer der Sparte Tourismus und Freizeitwirtschaft, hat eine Wertschöpfungsanalyse des gekappten GTI-Treffens in Auftrag gegeben. Ergebnis: Das Treffen hat eine Bruttowertschöpfung von mehr als 72 Millionen Euro ausgelöst. Es hatte Lohnsummen-Effekte von knapp 22 Millionen Euro. Es hatte (durch Steuern und Sozialversicherungsbeiträge) fiskalische Effekte von 18 Millionen Euro. Selbstverständlich bedeutete das umstrittene Event in der Vorsaison auch Imageschäden, Lärmbelästigung, Sachbeschädigungen - und viel Verkehr. "Man kann es mögen oder nicht mögen. Aber es man hätte sich um Alternativlösungen bemühen müssen bzw. man sollte sich darum bemühen. Der Wegfall nächtigungsrelevanter Events ist eine Gefahr. Sie sind ein Anker für späteres Wiederkommen", so Kuttnig.
Zum Mitarbeitermangel, zu den Unwettern und zur Teuerung kommt für den Kärntner Tourismus, der traditionell stark vom deutschen Gast abhängig ist, die Rezession in Deutschland. Man sieht bereits, dass die Nächtigungen aus diesem Herkunftsmarkt zurückgehen. Und damit geht generell Stammkundschaft zurück.
Mehr Events, weniger Verwaltung
Was tun, um nicht zurückzufallen? Die Lösungsansätze der Wirtschaftskammer sind weitgehend bekannt, nichtsdestotrotz sind sie richtig. Nachdem Kärnten zwei Drittel seiner touristischen Wertschöpfung aus der Sommersaison zieht, gelte es, das Geschäft in den Schultersaisonen zum Kern- bzw. Marketingziel Nummer eins zu erklären. Samt nächtigungsrelevanten Veranstaltungsformaten, Infrastruktur und Schlechtwetter-Alternativen, und einer Art "GTI reloaded", also einer Charmeoffensive gegenüber ehemaligen Gästen bzw. der Einführung von (Veranstalter-)Formaten wie Tuning-Messen oder Auto-Corsi. KWF-Förderungen sollen an saisonverlängernde Maßnamen geknüpft sein. Förderungen für reine Sommersaisonbetriebe eingestellt werden. "Bevor wir von Ganzjahrestourismus reden, muss der Tourismussommer von April bis Oktober dauern", sagt Petritsch, der für eine Verschlankung der Tourismus-Verwaltung plädiert: "31 Tourismusverbände in 48 Gemeinden und neun Regionen sind ein System, das nicht mehr zeitgemäß ist." Der Branchenvertreter wünscht sich auch eine eigene Incomingagentur, die bei der Kärntner Werbung angesiedelt sein sollte. Dort wiederum solle das Land (bzw. die Kärntner Beteiligungsverwaltung) seine Anteile an die Tourismusverbände abtreten - und so eine breite Eigentümerbasis schaffen.