Zwei Drittel des österreichischen Bruttoenergieverbrauchs entfallen weiterhin auf fossile Energieträger, Kärnten ist da keine Ausnahme. Anhaltend hohe Energiepreise seien daher extrem schädlich für den Wirtschaftsstandort, warnt Kärntens Wirtschaftskammer-Präsident Jürgen Mandl. „Wir vergessen, dass wir im Wettbewerb mit der Welt stehen. Mit den Asiaten und der USA können wir im Moment überhaupt nicht mithalten.“ In den USA und Asien hätten produzierende Unternehmen nur ein Fünftel der Energiekosten von Österreich, so Mandl. In Deutschland sei daher „der Zug der Abwanderung der Industrie bereits am Weg“, Österreich stehe davor.
"Abstriche bei der Beschäftigung"
Vom Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo ließ die Wirtschaftskammer nun erheben, wie sehr hohe Energiepreise Kärntens Industrie mittelfristig treffen. Es gebe in Kärnten zwar weniger Betriebe mit hoher Energieintensität, aber deutlich mehr mit mittlerer Energieintensität als im Österreichschnitt. "Wenn die hohen Energiepreise so bleiben, werden wir deutliche Abstriche bei der Beschäftigung haben", warnt Michael Velmeden, der Industrie-Spartenobmann in der Wirtschaftskammer.
Zur Lage der Kärntner Industrie
Um gegenzusteuern, brauche es daher kurzfristige Maßnahmen. Ziel müsse es sein, die Wettbewerbsfähigkeit wiederzuerlangen. Der Energiekostenzuschuss ist nur ein erster Schritt. Es fehle an zielgerichteten Förderungen im Kapital- und Prozessbereich für Unternehmen, die bereit sind, in Energieeffizienz zu investieren, sagt Velmeden. Unternehmen, die Gas ersetzen wollen, müssten verstärkt unterstützt werden, etwa beim Umstieg auf Wasserstoff. Und es fehle an regulatorischer Planungssicherheit. "Die Wirtschaft braucht Versorgungssicherheit mit Energie zu wettbewerbsfähigen Kosten." Wenngleich Velmeden einschränkt, die Energiekosten hätten sich gegenüber dem Vorjahr deutlich entspannt, lägen sie derzeit noch immer um den Faktor zwei oder drei höher als vor der Energiekrise.
Deutlicher Abschwung in der Industrie
Die Industriekonjunktur in Kärnten erlebe derzeit ohnehin einen deutlichen Abschwung. Velmeden: "Die Konjunktur hat sich vor allem im baunahen Bereich und der Holzwirtschaft stark abgekühlt." Energieintensive Betriebe seien besonders betroffen. International agierende Unternehmen versuchten bereits, Produktionen außerhalb Österreichs zu verlagern. Eine gefährliche Entwicklung, die "deutlich schneller, als wir es erwartet haben", ablaufe, so Velmeden. Vor allem Unternehmen in der Chemiebranche sowie Automobilzulieferer seien akut bedroht. "Auch in Kärnten werden schon solche Schritte gesetzt", alarmiert Velmeden. Namen von Unternehmen, die Produktionsstätten verlagern wollen, nannte er nicht. "Wenn die Sachgüterindustrie, die in Kärnten besonders stark ist, davon betroffen ist, trifft es auch alle anderen Branchen", so Velmeden weiter.
Die gute Nachricht: Aktuell gehe man von gesicherter Energieversorgung im Winter aus, die Speicher seien voll. Die hohen Preise blieben aber bestehen. Einmal mehr forderten Mandl und Velmeden schnellere Verfahren für die Genehmigung von Stromleitungen und Kraftwerken zur Erzeugung erneuerbarer Energien.
Mandl sprach im Rahmen einer Pressekonferenz der Wirtschaftskammer auch die bedenkliche demografische Entwicklung in Kärnten an, "ein weiteres großes Problemfeld". Es brauche daher rasch fachlich gut ausgebildeten Zuzug aus dem Ausland. Bedrohlich seien auch "extrem steigende Lohnstückkosten". Diese seien "Alarmsignale für jeden einzelnen von uns", warnt Mandl.