Es ist fast genau auf den Tag zwölf Jahre her: Am 6. August 2011 senkte S&P (Standard and Poor), die größte der drei namhaften US-Ratingagenturen, den Daumen. Die Bonität der Vereinigten Staaten wurde – erstmals seit dem Jahr 1941 – vom höchsten Rating „AAA“ auf „AA+“ abgestuft. Das löste an den Börsen ein Kursbeben aus, der US-Index Dow Jones sackte um 5,55 Prozent ab.
Als in der Nacht auf Mittwoch auch die Ratingagentur Fitch den USA die Bestnote entzog, „bröselte“ es abermals auf den Finanzmärkten, wenngleich die Kursverluste zwar kräftig, aber dennoch weniger dramatisch ausfielen. In Wien gab etwa der ATX um 1,43 Prozent nach, der DAX in Frankfurt um 1,36 und der Eurozonenleitindex Euro-Stoxx-50 um 1,61 Prozent.
Auch die US-Börsen haben den Handel am Mittwoch mit klaren Verlusten beendet. Die Bonitätsabstufung belastete die Stimmung an der Wall Street merklich. Der Leitindex Dow Jones Industrial verlor 0,98 Prozent auf 35.282,52 Punkte. Der marktbreite S&P-500 gab um 1,38 Prozent auf 4.513,39 Zähler nach.
"Vertrauen in die Finanzpolitik leidet"
Aber womit begründet Fitch das Vorgehen, das auch für viele Finanzmarktexperten überraschend gekommen war? Die Agentur begründete die Abstufung mit der zu erwartenden fiskalischen Verschlechterung in den kommenden drei Jahren. Zudem sei die Verschuldung hoch und steige. Fitch kritisierte auch die Auseinandersetzungen der letzten zwanzig Jahre zwischen Regierung und Kongress in Zusammenhang mit der Schuldengrenze des Landes. Unter diesem wiederkehrenden Problem leide das Vertrauen in die Finanzpolitik, ein mittelfristiger Finanzrahmen fehle, begründete Fitch die Herabstufung. Zudem wird auf eine steigende Neuverschuldung verwiesen, die heuer bei 6,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) liegen soll – nach 3,7 Prozent 2022. Zudem erwarten die Bonitätswächter, dass die US-Wirtschaft um den Jahreswechsel 2023/24 in eine Rezession abrutschen wird.
"Änderung ist willkürlich und basiert auf veralteten Daten"
US-Finanzministerin Janet Yellen reagierte mit harscher Kritik an der Ratingagentur. „Ich bin mit der Entscheidung von Fitch Ratings überhaupt nicht einverstanden. Die Änderung ist willkürlich und basiert auf veralteten Daten“, so die frühere Fed-Chefin. So liege die US-Arbeitslosenquote „nahe einem historischen Tiefstand, die Inflation ist seit vergangenem Sommer deutlich zurückgegangen und die Konjunkturdaten von voriger Woche zeigen, dass die US-Wirtschaft weiter wächst“, argumentiert Yellen.
"US-Staatsverschuldung auf nicht tragfähigem Kurs"
Kurzfristig dürfte die Herabstufung kaum Auswirkungen auf die US-Staatsfinanzen haben, hieß es in einer Analyse der Commerzbank. US-Staatsanleihen blieben wegen ihrer hohen Liquidität „unschlagbar“. Zudem würden sie in der Weltleitwährung Dollar ausgestellt. „Dies ändert allerdings nichts daran, dass sich die US-Staatsverschuldung auf einem nicht tragfähigen Kurs befindet“, so das Fazit.