Die Raiffeisen Bank International (RBI) arbeitet nach wie vor an einem möglichen Verkauf oder einer Abspaltung der Russlandaktivitäten. Wesentliche Neuigkeiten gab es dazu bei der Vorlage der Halbjahreszahlen am Dienstag nicht. "Wir arbeiten weiterhin mit Hochdruck an zwei Optionen für unser Russlandgeschäft", so Bankchef Johann Strobl. In der Zwischenzeit fahre man aber das Geschäft in dem Land weiter zurück.
Beide Optionen - sowohl ein Verkauf als auch eine Abspaltung des Geschäfts in Russland - sind mit hohen bürokratischen Hürden verbunden und nehmen in ihrer Umsetzung viel Zeit in Anspruch, wie das Management in den vergangenen Monaten mehrmals betont hatte. Bei einem Verkauf bräuchte es einen nicht-sanktionierten Käufer und die Zustimmung des russischen Präsidenten Wladimir Putin müsste eingeholt werden.
"Wir haben hier fast um 50 Prozent reduziert"
Bis es zu einer Lösung kommt, wird das Geschäft weiter zurückgeschraubt. Im Vorjahr waren in Russland noch Kundenkredite in Höhe von 13,7 Milliarden Euro ausständig gewesen, im Halbjahr 2023 waren es nur noch rund 7,1 Milliarden Euro. "Wir haben hier fast um 50 Prozent reduziert", sagte Risikochef Hannes Mösenbacher zur APA. Auch die Anzahl an SWIFT-Transaktionen in Euro sei nun geringer als vor Kriegsbeginn.
Die Bilanzsumme (rund 23,5 Mrd. Euro) in dem Land sei aber weiterhin relativ groß. Das sei vor allem auf Zuflüsse bei den Einlagen - auch seitens internationaler Unternehmen - zurückzuführen, so der Risikochef.
Zinsüberschuss in Russland gestiegen
Trotz rückläufigen Kreditgeschäfts gab es bei den Einnahmen und beim Gewinn Zuwächse. Der Zinsüberschuss in Russland stieg um 13,5 Prozent auf 698 Millionen Euro. Grund dafür seien niedrigere Zinsaufwendungen wegen geringerer Zinssätze für Kundeneinlagen gewesen, heißt es im Halbjahresbericht der Bank. Das Provisionsergebnis erhöhte sich ebenfalls um 13,5 Prozent auf 760 Mio. Euro. Gestiegene Transaktionen im Zahlungsverkehr trieben die Kennzahl laut dem Bericht an.
Das Betriebsergebnis legte leicht (plus 0,2 Prozent) auf knapp 1,1 Mrd. Euro zu, der Gewinn nach Steuern wuchs um 8,8 Prozent auf 685 Millionen Euro. Wegen der westlichen Sanktionen gegen Russland hat die Bank derzeit jedoch keinen Zugriff auf ihre in Russland erzielten Gewinne.
Der Anteil der Russland-Tochter am Betriebsergebnis der gesamten RBI-Gruppe ging bis Ende Juni zurück. "Russland trug im zweiten Quartal mit 35,1 Prozent zum Betriebsergebnis der RBI bei. Im ersten Quartal 2023 betrug der Beitrag noch 45,1 Prozent", schreibt die Bank. Die gesamte RBI-Gruppe schrieb im Halbjahr ein Betriebsergebnis von 2,7 Milliarden Euro, nach 2,5 Milliarden Euro im Vorjahreszeitraum.
In der Ukraine schrieb die Bank indessen 80 Millionen Euro Gewinn - "trotz der enorm schwierigen Rahmenbedingungen und einer sehr konservativen Risikovorsorge", so Strobl. In der Vorjahresperiode stand noch ein Verlust von 70 Millionen Euro zu Buche.
Die RBI sei die größte Auslandsbank in der Ukraine und gleichzeitig die größte private Bank. Die Raiffeisen-Tochter biete trotz Krieges weiter eine gute Verfügbarkeit der Infrastruktur im Land. "Die durchschnittliche Verfügbarkeit unserer 1460 Bankomaten liegt bei zirka 97 Prozent, die unserer 293 aktiven Geschäftsstellen bei 100 Prozent", so Strobl.
In Belarus blieb der Gewinn unverändert bei 56 Millionen Euro. Neben Russland nimmt die RBI auch das Geschäft in Weißrussland zurück. Das Kundenkreditvolumen wurde von 948 Millionen Euro im Halbjahr 2022 auf 711 Millionen Euro reduziert.