Fast vier Millionen Haushalte in Österreich verwenden Produkte von Dr. Oetker. Die wenigsten wissen, dass der deutsche Konzern, der bis 2000 eine Produktionsstätte in Villach hatte, nach wie vor seine Österreich-Geschäfte von der Draustadt aus lenkt. Langjähriger Geschäftsführer ist der Klagenfurter Manfred Reichmann, der mit seinen fast 70 Mitarbeitern das gesamte Marketing für Dr. Oetker abwickelt.

Und das ist weit mehr als nur die Werbung, sondern die gesamte Palette von Marktforschung über Produktentwicklung bis zur Vermarktung. 70 Prozent der Umsätze im Bereich Kuchen und Desserts werden mit nur für den österreichischen Markt entwickelten Artikeln erzielt, selbst bei Pizzen sind 35 Prozent „österreichisch“. Produziert wird vor allem in Deutschland, einzelne Produkte kommen aus Werken in Italien oder Frankreich.

Dr. Oetker-Österreich-Chef Manfred Reichmann
Dr. Oetker-Österreich-Chef Manfred Reichmann © KK

Mehr als 500 Produkte

In Summe werden von Villach aus rund 500 Produkte vermarktet, 25 bis 30 kommen pro Jahr neu hinzu. Stolz ist Reichmann auf die hohe Digitalkompetenz von Dr. Oetker – von der Rezeptdatenbank bis zu YouTube-Kochvideos. Contentmarketing spiele dabei eine immer größere Rolle. So wurden Rezepte für den digitalen Sprachassistenten Alexa „übersetzt“, die Kochanweisungen kommen aus dem Computer.

Kräftemessen mit dem Handel

Im Verkauf spielt der Onlineshop noch eine untergeordnete Rolle, Dr. Oetker verkauft vor allem über den stationären Handel. Dort findet seit Beginn der Teuerungswelle ein Kräftemessen mit den großen Handelsketten statt. Bekannt wurde jüngst der offen ausgetragene Preis-Clinch mit Spar.

"Bisher drei Preiserhöhungen"

Man sei gezwungen gewesen, bisher drei Preiserhöhungen durchzuführen, erklärt Reichmann. Wichtigster Auslöser dafür sind die stark gestiegenen Rohstoffkosten, vor allem Getreide und Speiseöle aus der Ukraine wurden durch die Verknappung teurer, für Pizzen etwa brauche es Fleischprodukte, die ebenfalls teurer wurden. Die Kosten für Verpackungsmaterial seien explodiert. Dazu kämen auch indirekte Effekte, wenn etwa der Import von Düngemitteln aus Russland gestoppt wird, steigen die Futtermittelpreise und die Produktivität in der Landwirtschaft sinke.

Besonders betroffen ist Dr. Oetker auch von hohen Energiekosten – sowohl beim Backen als auch Kühlen. „Eine nachhaltige Entspannung an den Rohstoffmärkten ist nicht in Sicht“, sagt Reichmann, im Gegenteil: Dürren und Überschwemmungen dieses Sommers wirkten sich bereits auf die Preise aus, auch das von Russland ausgesetzte Getreideabkommen mit der Ukraine heize die Preise weiter an.

Indien wiederum stoppte den Export von Reis – die Folgen für den Weltmarkt, der zu 40 Prozent von indischem Reis abhängt, lassen sich ausrechnen. „An einzelnen Märkten gibt es Entspannung, gesamt gesehen ist das System fragil und kann täglich aus den Fugen geraten“, erklärt Reichmann. Höhere Tariflöhne würden zudem eine nächste Inflationsrunde starten.

Absatz ist rückläufig

Der „letzte Luxus“, auf den Menschen verzichten würden, sei aber das Essen. Als „vertrauensvolle Marke mit Qualität“ bleibe die Nachfrage hoch, doch verzeichnet Dr. Oetker Absatzeinbußen. Rückgänge durch die Teuerung sowie der Trend hin zu Handelsmarken und Diskontern bleibe nicht ohne Folgen.

Vom Handel erwartet sich Reichmann mehr Fairness bei der Preisgestaltung. So seien deutlich höhere Verkaufspreise als in Deutschland nicht zu erklären, denn die Abgabepreise von Dr. Oetker seien in beiden Märkten gleich, für Österreich komme ein Logistikaufschlag von 4 bis maximal 7 Prozent hinzu. Wenn der heimische Handel Produzenten von Markenartikeln unterstellt, diese würden sich „bereichern“, weist das Reichmann als haltlos zurück: „Der Handel weiß genau, wie wir unsere Preise kalkulieren. Er weiß, was los ist.“