"Der Neue räumt auf" – so lauteten in der Nacht auf Freitag die ersten Schlagzeilen rund um jene Ankündigungen, die große Umwälzungen beim Sensor-Spezialisten ams-Osram mit Hauptsitz in Premstätten nach sich ziehen werden. Der „Neue“, das ist Aldo Kamper, der im April den Vorstandsvorsitz übernommen hatte. Nach der nächtlichen Aussendung hat der gebürtige Niederländer am Freitag in einer Telefonkonferenz die Hintergründe erklärt.
Das Unternehmen soll sich auf LED- und Sensor-Chips für die Autobranche, die Industrie und die Medizintechnik konzentrieren. Als Kerngeschäft sieht er das Halbleiterportfolio mit intelligenten Sensor- und Emitter-Teilen. Von weniger profitablen Bereichen – genannt wurden etwa Prismen und Linsen für Smartphones und Computer (Umsatzvolumen zwischen 300 und 400 Millionen Euro) – werde man sich trennen. Bei diesen Chips für die Konsumelektronik wolle man sich nur noch dort engagieren, wo man sich „durch Spitzeninnovationen vom Wettbewerb absetzen“ könne. Insgesamt tätigt ams Osram außerordentliche Firmenwertabschreibungen im Ausmaß von rund 1,3 Milliarden Euro auf diese „weniger erfolgreichen Geschäftsbereiche“.
„Handlungsbedarf in allen Feldern“
Kampers Devise: Das Unternehmen werde dadurch vorerst kleiner, dafür aber profitabler. Er betont: „Die meisten Teile des Unternehmens sind gut aufgestellt, die langfristige Perspektive ist intakt – aber die Profitabilität ist nicht dort, wo wir sie sehen wollen.“ Er orte daher „Handlungsbedarf in allen Feldern“. Verbunden ist der Umbau, mit dem auch eine Reduzierung des Vorstands auf Kamper als CEO sowie den neuen Finanzchef Rainer Irle einhergeht, zusätzlich mit einem Sparprogramm, das zunächst mit 50 Millionen Euro zu Buche schlagen wird. Die Vorstandspositionen von Mark Hamersma, seit 2016 im Unternehmen sowie Technik-Chef Thomas Stockmeier, seit 2013 dabei, fallen mit Jänner weg.
Jene Konzernteile, von denen man sich trennen will, sind vielfach Segmente, die von der ams AG „bespielt“ wurden. So soll das einst florierende Geschäft mit Smartphone-Bauteilen (u. a. zählte Apple zu den Großkunden), künftig nur noch eine untergeordnete Rolle spielen.
Was also bedeuten die tief greifenden Einschnitte für die Steiermark, für die Zentrale in Premstätten, und die 1300 Beschäftigten dort? Konkrete Details werden auf Nachfrage seitens des Unternehmens noch nicht genannt. Bestätigt wird aber – jedoch nicht auf einzelne Standorte bezogen –, dass ein Stellenabbau nicht ausgeschlossen sei. „Über die Details der organisatorischen Neuaufstellung wird allerdings noch beraten.“ Man bitte um Verständnis, „dass wir uns aktuell dazu nicht weiter äußern können“.
Erweiterung der steirischen Fabrik
Faktum ist aber auch, dass in Premstätten derzeit die Erweiterung der Fabrik läuft, der Produktionsstart ist hier für das erste Halbjahr 2024 geplant. Zudem werden dort – auch aktuell – offene Stellen besetzt, wie es auf Nachfrage der Kleinen Zeitung heißt. Auch wenn noch viele Details ausstehen, wartet Kamper ebenfalls mit Lichtblicken auf: „In Premstätten arbeiten wir an unseren Technologie-Kernbereichen. Das bedeutet, dass die Neuausrichtung den Standort Premstätten stärkt.“
Das Headquarter soll jedenfalls im Süden von Graz bestehen bleiben: „Von Anfang an sind Premstätten und München gleichberechtigte Headquarters von ams-Osram. Es gibt keinen Grund, daran etwas zu ändern.“
Es ist gerade einmal vier Jahre her, als – übrigens auch im Juli – erstmals darüber spekuliert wurde, dass die ams AG den deutlich größeren deutschen Lichttechnikkonzern Osram, bei dem Kamper einst als Manager tätig war, übernehmen könnte. Was folgte, war ein zäher Übernahmekampf, der mehrmals vor dem Scheitern stand. Letztlich kam die ams zum Zug – für die Rekordsumme von gut vier Milliarden Euro. Ein „Übernahme-Coup“, der aber auch skeptisch beäugt wurde – und den Schuldenstand des Konzerns in lichte Höhen getrieben hat. Mittlerweile liegt der Börsenwert nur noch bei 1,93 Milliarden Euro.
"Wir werden weiter an unserer Profitabilität arbeiten"
Im zweiten Quartal brach der Umsatz im Vergleich zum Vorjahr wegen des Verkaufs von Digital Systems um 28 Prozent auf 851 Millionen Euro ein. Das bereinigte Ebit halbierte sich auf 50 (104) Millionen. Für das laufende Quartal rechnet AMS Osram dank eines anziehenden Geschäfts mit der Autobranche mit 840 bis 940 Millionen Euro Umsatz und einer Marge von fünf bis acht Prozent. "Wir werden weiter an unserer Profitabilität arbeiten", so Kamper. Im kommenden Jahr werde der Umsatz durch die Verkäufe von Unternehmensteilen nochmals schrumpfen; 2022 lag er bei 4,8 Milliarden Euro.
Kamper will mit der Restrukturierung das operative Ergebnis bis Ende 2025 um 150 Millionen Euro verbessern und die Umsatzrendite auf 15 Prozent verdoppeln.