Wer sich die jüngste Analyse des Vergleichsportals "Durchblicker" durchliest, dem wird ganz mulmig, um nicht zu sagen: Es reißt einem den Boden (der Wohnung) unter den Füßen weg. "Durchblicker" hat durch die aktuellen Zinserhöhungen und die Immobilienpreise geblickt und kommt zu dem Schluss, dass neues Eigenheim in Österreich "innerhalb eines Jahres de facto unleistbar geworden ist". Immobilienfinanzierungs-Experte Andreas Ederer spricht vom "schnellsten Zinsanstieg der Nachkriegszeit in Österreich". Innerhalb von zwölf Monaten stiegen die Zinsen um vier Prozentpunkte. Daher kratzen die Immo-Kredite (bei Neuvergabe im variablen Bereich) nun an der Fünf-Prozent-Marke. "Eine fatale Kostenfalle für viele Haushalte", sagt Ederer. Denn die Hälfte der derzeit aushaftenden Immo-Kredite in Österreich sind: variabel verzinst.
Wer 2021 einen variablen Immobilienkredit abgeschlossen hat und monatlich 1740 Euro zurückzahlte, muss jetzt 2935 Euro zahlen. Die Zinssteigerungen bedeuten bis zu 70 Prozent monatliche Mehrkosten.
Kostete eine durchschnittliche 90-Quadratmeter-Wohnung im 3. Bezirk in Wien im Jahr 1997 noch 250.000 Euro, so kostete sie im Sommer 2022 laut "Durchblicker" 750.000 Euro – dreimal so viel. Bei gleichzeitig sinkenden Realeinkommen und den steigenden Zinsen bedeutet das, dass immer mehr Monatseinkommen für die Kreditraten draufgeht. Musste ein Doppelverdienerhaushalt zur Tilgung eines Kredits, in den es 30 Prozent Eigenmittel einbrachte, für eben eine solche Wohnung jahrzehntelang 40 Prozent des Einkommens aufwenden, sind es jetzt laut "Durchblicker" 70 Prozent. "Bei einer Schuldendienstquote in dieser Höhe sind wir von Leistbarkeit und Rückzahlbarkeit weit entfernt. Neukredite werden praktisch unleistbar", so Ederer. Einem Doppelverdienerhaushalt bleiben demnach nur noch 411 Euro pro Person und Monat an verfügbarem Einkommen übrig. "Da kann man das tägliche Leben nicht mehr stemmen." Und auch Besserverdiener zahlen immer schwerer zurück, sofern sie überhaupt einen Kredit bekommen. Bei ihnen beträgt die Schuldendienstquote 53 Prozent.
Wer wettet auf sinkende Zinsen?
"Durchblicker" spricht von "radikalem Marktversagen" und fordert nicht nur einen Stopp der Zinserhöhungen und höhere Einkommen durch höhere Lohnabschlüsse, sondern von der Politik auch eine Überarbeitung der Kreditvergabe-Richtlinien und eine Erhöhung der Neubauleistung von gefördertem Wohnbau und Genossenschaftswohnungen. Den Kreditnehmern rät Ederer: "Wer sich die Wette auf bald wieder sinkende Zinsen nicht leisten kann, sollte jetzt von einem variablen Kredit auf einen fix verzinsten Kredit umschulden." Und/oder die Laufzeit verlängern. Und/oder Sondertilgungen vornehmen, um die Raten zu reduzieren. Wenn er kann.
"Wenn die Zinsen im zweiten Halbjahr noch stärker steigen, könnte für viele ein Umstieg auf einen Fixzinskredit schwieriger werden. Im schlimmsten Fall droht dann der Verlust des Eigenheims."