Auf Bundesebene ist von einem "Tal der Tränen" die Rede, wie es Christoph Neumayer, Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV), formuliert. Österreichs Industrie, das zeigt die jüngste Konjunkturerhebung an, müsse sich auf eine Rezession einstellen. Der für den Herbst erhoffte Aufschwung sei abgesagt. "Bestenfalls" im kommenden Frühjahr könne es wieder aufwärtsgehen, so IV-Chefökonom Christian Helmenstein. In den nächsten drei Monaten dürften bundesweit auch einige Tausend Industriearbeitsplätze wegfallen. "Das unterstreicht, wie sehr die Produktion belastet ist." Ein Großteil der Jobs wackle dabei im Bau- und Baunebengewerbe. Das Bild rund um die Personalentwicklung präsentiert sich differenziert, denn in einigen anderen Bereichen werde weiter Beschäftigung aufgebaut. Neumayer spricht sich für eine Neuauflage (oder ein ähnliches Modell) der Investitionsprämie aus, wie es sie schon in der Pandemie gab.
Jedes zweite Unternehmen wird Produktion reduzieren
Auch in der Steiermark ergibt die aktuelle Konjunkturumfrage (unter 54 Betrieben mit insgesamt 45.700 Beschäftigten) ein trübes Stimmungsbild. Vor allem der Ausblick auf die nächsten drei bzw. sechs Monate fällt ernüchternd aus: "Erstmals seit dem Sommer 2020 weisen alle Indikatoren bezogen auf die kommenden drei Monate negative Vorzeichen aus", so der steirische IV-Geschäftsführer Gernot Pagger. Nur acht Prozent der Unternehmen geben demnach an, ihre Produktionstätigkeit bis zum Herbst auszuweiten, 49 Prozent gehen hingegen davon aus, diese reduzieren zu müssen.
"Nicht mit nennenswerter Verbesserung zu rechnen"
Das hat auch Folgen für den Arbeitsmarkt: Nur noch acht Prozent der Unternehmen planen, neues Personal einzustellen, fast jedes dritte geht aber von sinkenden Mitarbeiterzahlen aus. "Trotz des teilweise schwierigen Umfelds hat die große Mehrheit der Betriebe bisher ihre Mitarbeiter gehalten. Es fehlt in vielen Betrieben nun an einer ausreichend guten Perspektive, um diese Strategie weiter beizubehalten", so Pagger. Bis Jahresende sei nicht mit einer "nennenswerten Verbesserung" zu rechnen. Um nach 2023 wieder stärkeres Wachstum generieren zu können, gelte es nun, die Grundlagen zu legen: "Die drängendsten Herausforderungen dabei sind – trotz einer kurzfristig sinkenden Zahl offener Stellen – die Verfügbarkeit und die Kosten von qualifiziertem Personal und die Verfügbarkeit und die Kosten von Energie", sagt Pagger. Insbesondere die Energiepolitik sei hinsichtlich wettbewerbsfähiger Preise gefordert. Auch in der Steiermark sei man mit einem differenzierten Bild konfrontiert, nach wie vor gebe es auch Industriebetriebe, "denen es sehr gut geht".
Lichtblick: Hoher Stand an Forschungsprojekten
Einen standortpolitischen Hoffnungsschimmer ortet Pagger im zuletzt auch auf nationaler Ebene konkretisierten European Chips Act, wie er auch beim Wirtschaftstalk der Kleinen Zeitung unterstrich. In diesem Rahmen hatte auch Harald Kainz, Rektor der TU Graz, einen Lichtblick zu bieten. Unter Verweis auf den Höchststand bei der regionalen Forschungs- und Entwicklungsquote (5,17 Prozent in der Steiermark) betonte er: "Drei Viertel der zugrunde liegenden Forschungsausgaben kommen aus Industrie und Wirtschaft – und hier sieht es weiterhin gut aus, das stimmt uns zuversichtlich." Der Projektstand sei auch in den Kompetenzzentren sehr gut, "von der Forschungsseite her gesehen, können wir sagen, dass wir bereitstehen, um weiter zu unterstützen", sagt Kainz.