49Prozent der Österreicher seien bereit, mehr zu arbeiten – entweder mehr Wochenstunden oder Überstunden zu leisten. Die Auswirkunden des Arbeitskräftemangels sind bereits in vielen Bereichen spürbar, in Spitälern, der Altenbetreuung und im Bildungswesen. Das zeigt eine Umfrage des Marketinstitutes im Auftrag der WKÖ. Deren Präsident Harald Mahrer nimmt das zum Anlass für ein Plädoyer, mehr statt weniger Arbeit zu leisten. „Wir haben heute am Arbeitsmarkt und bei der Demografie eine total veränderte Situation.“

Zusätzlich zu 230.000 offenen Stellen käme nämlich in den nächsten Jahren eine Lücke von rund 350.000 unbesetzten Stellen, in Summe seien es fast 600.000. Wer, wie etwa SPÖ-Chef Andreas Babler und die Gewerkschaft, 32-Stunden-Wochen fordere, sei „sehr weit weg von den Menschen“, meint Mahrer. Arbeitszeitverkürzung mit vollem Lohnausgleich sei unvorstellbar. „Sonnenklar, dass sich das nicht ausgeht.“ Die derzeit geführte Debatte über weniger Arbeit führe das Land „in ein Drama, ist ultrapopulistisch und auch abgehoben.“ Österreich brauche „keine Debatte darüber, was normal ist, sondern was real ist“. Es brauche einen Anreiz für Mehrarbeit – Überstunden sollen im Idealfall steuerfrei gestellt werden.

"Tabuloses Nachdenken"

Arbeiten nach Erreichen des Regelpensionsalters müsse massiv attraktiviert werden, dafür brauche es tabuloses Nachdenken: „Pensionisten, die arbeiten, sollen von der Steuer, Pensions- und Krankenversicherung freigestellt und nur mehr unfallversichert sein.“ Dass Junge dadurch diskriminiert würden, glaubt er nicht: „Dafür gibt es schlicht zu wenig Arbeitskräfte.“ Weil die demografische Lücke jedes Jahr größer werde, brauche es radikale Lösungen. Dann könnten sich „weite Teile der Bevölkerung vorstellen, weiterzuarbeiten.“

Auch andere Instrumente der Arbeitsmarktpolitik müssten auf den Prüfstand: Maßnahmen wie Altersteilzeit und Bildungskarenz gehörten evaluiert, auch von den Sozialpartnern: „Man muss diese auf die Waagschale legen und schauen, funktionieren sie in der jetzigen Situation noch richtig.“

"Steine aus dem Weg räumen"

Wie vor allem ÖVP-Politiker zuvor fordert auch Mahrer im Gespräch mit der Kleinen Zeitung die Lockerung der Vergaberegeln für Wohnbaukredite: „Wir müssen den Leuten Steine aus dem Weg räumen.“ Im Vorfeld der Herbstlohnrunde appelliert er an den „Realitätssinn“ der Verhandler. Zahlen wolle er keine nennen, aber: „Das wird heuer extrem schwierig, da steht viel auf dem Spiel.“ In einer sehr schwierigen Situation für die österreichische Wirtschaft müsse der Faktor Wettbewerbsfähigkeit eine zentrale Rolle spielen.