Die interimistische Leiterin der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB), Natalie Harsdorf-Borsch, war Dienstabend Livegast in der ZIB 2 bei Martin Thür. Die Bundeswettbewerbsbehörde durchleuchtet derzeit unter anderem die Geschäftspraktika im Lebensmittelhandel und der Energieversorger.
Laut Harsdorf-Borsch liefen die Untersuchungen "auf Hochtouren", da solche Märkte für Konsumenten und Märkte „besonders wichtig“ seien. Im Lebensmitteleinzelhandel habe die BWB "eine Branchenuntersuchung eingeleitet, wir untersuchen den Handel und Lieferanten“.
Daten von 1500 Lieferanten abgefragt
Die Untersuchung sei „mitten im Laufen“, von 1500 Lieferanten wurden die Daten abgefragt, erklärt Harsdorf-Borsch. Das Ziel sei es, „alles zu objektivieren und sagen zu können, wohin die Preissteigerungen geflossen sind.“ Es gehe der BWB darum, „zu beleuchten, wie es mit dem Wettbewerb aussieht und ob es Handlungsbedarf gibt.“ Man hoffe, so „Transparenz zu schaffen“.
Man sehe in Europa „gleichförmige Preisbewegungen nach oben, da kann mangelnder Wettbewerb eine Ursache sein.“ Eine Verschärfung des Kartellrechts sei „diskussionswürdig“, sagt Harsdorf-Borsch. Die BWB habe dazu Vorschläge übermittelt. Kartellverstöße seien kein Kavaliersdelikt, betonte sie, von Gerichten verhängte Strafen gegen Wettbewerbsverstöße gingen in Österreich nach oben. Eine effektive Fusionskontrolle gebe es hierzulande erst seit 2005, die BWB seit 2002, aber bereits in den Jahren und Jahrzehnten davor sei es zu vielen Fusionen gekommen.
"Große Sorgen um den Wettbewerb"
Die BWB untersucht auch die Preisentwicklung bei Österreichs Energieversorgern. „Wir sind als Wettbewerbsbehörde für alle Märkte zuständig und haben große Sorgen um den Wettbewerb“, sagt Harsdorf-Borsch. „Wir sehen eine große Konzentration, die Kunden haben keine Auswahl mehr bei den Angeboten, letztlich kommt der Wettbewerb praktisch zu Erliegen“. Entscheidend sei die Transparenz, aber auch bei Preissenkungen seien die Angebote der Energieanbieter oft nicht nachvollziehbar. Es stelle sich die Frage: „Werden nur Steigerungen, aber nicht Preissenkungen weitergegeben?“
"Nicht hohe Preise prolongieren"
Problematisch auch die Stromkostenbremse des Bundes: „Wir haben ein zeitliches Naheverhältnis zwischen der Ankündigung und Umsetzung der Maßnahme und Preisbewegungen gesehen, die wir als zumindest auffällig charakterisieren würden“, so die BWB-Chefin. Man müsse „aufpassen, dass man mit solchen Instrumenten nicht hohe Preise prolongiert.“
Seit fast eineinhalb Jahren ist Harsdorf-Borsch Leiterin der BWB, aber nur provisorisch. Im März wären es bereits zwei Jahre, dass sie diese Rolle ausfüllt. Um die fixe Besetzung an der BWB-Spitze streitet die Politik. Harsdorf-Borsch gab sich in der ZIB 2 abgeklärt: „Mein Fokus war, die Behörde voranzubringen. Mein Fokus ist die Leistung.“