Die Stimmen in der Europäischen Zentralbank (EZB), die sich vehement für mehr als eine weitere Zinsanhebung aussprechen, scheinen leiser zu werden. Am Dienstag plädierte der für eine besonders straffe geldpolitische Haltung bekannte niederländische Notenbankchef Klaas Knot zwar unverändert für eine Zinserhöhung auf der nächsten EZB-Sitzung in der kommenden Woche. Darüber hinaus äußerte er sich aber wesentlich vorsichtiger.
Mit Blick auf künftige Zinsanhebungen sagte Knot dem Sender Bloomberg TV: "Für Juli halte ich es für eine Notwendigkeit – für alles darüber hinaus wäre es höchstens eine Möglichkeit, aber keineswegs eine Gewissheit." Ab Juli müsse der über die Geldpolitik entscheidende EZB-Rat, dem Knot angehört, die konjunkturelle Entwicklung besonders sorgfältig beobachten.
Mindestens zwei weitere Anhebungen erwartet
Fachleute und Marktteilnehmer stellen sich gegenwärtig die Frage, wie deutlich die EZB ihre Leitzinsen noch anheben wird. Seit vergangenem Sommer hat die Notenbank ihre Geldpolitik zwecks Inflationsbekämpfung kräftig um vier Prozentpunkte gestrafft. Aktuell werden an den Märkten zwei weitere Anhebungen, vermutlich auf den nächsten beiden Zinssitzungen im Juli und September, erwartet.
Äußerungen wie die von Knot lassen es aber fragwürdig erscheinen, ob die EZB ihre Zinsen nach dem Sommer weiter anheben wird. Die offizielle Linie von Notenbankpräsidentin Christine Lagarde lautet bisher, dass in der Zinspolitik noch "Boden gutzumachen" sei. Fachleute waren aufgrund solcher Formulierungen bisher eher von mehr als einer weiteren Zinsanhebung ausgegangen.