Nach Jahren des Höhenfluges scheint der heimischen Bauwirtschaft nun ein Absturz mit harter Landung zu drohen. Die Auftragsbücher leeren sich und die Stimmung ist entsprechend gedrückt. "Das ist allerdings kein Kärntner Phänomen, sondern betrifft ganz Österreich", sagt Barbara Quendler, Geschäftsführerin der Innung Bau in der Wirtschaftskammer Kärnten. Die Bundessparte habe erhoben, dass im Bereich privater Wohnbau 2019 österreichweit noch 70.000 Baugenehmigungen erteilt wurden, im Vorjahr seien es nur mehr 47.000 gewesen. 2023 sei noch einmal weniger zu erwarten. "Das Problem ist, dass nicht einmal die Hälfte der genehmigten Projekte tatsächlich gebaut wird", sagt Quendler. Dafür seien unter anderem die hohen Materialkosten und gestiegenen Lohnkosten verantwortlich, die insgesamt die Baukosten in die Höhe treiben.

Verschärft werde die Lage durch die steigenden Kreditzinsen und die strengen Richtlinien für die Wohnbaukredite mit 20 Prozent Eigenkapitalanforderung. Viele Kärntnerinnen und Kärntner müssten daher den Traum vom Eigenheim aufgeben oder zumindest verschieben. Die Umfrage der KMU-Forschung zeigt im zweiten Quartal bei der Geschäftslage ein Minus von 15 Prozent. Für das restliche Jahr erwarten die Unternehmen sogar 25 Prozent Minus. In Kärnten werden der Rückgang beim Transportbeton und die sinkenden Auftragszahlen bei den Planungsbüros ebenfalls als Vorzeichen für einen Auftragseinbruch gewertet.

"Tsunami droht"

Düster ist die Stimmung auch in der Steiermark. Am Donnerstag wurde eine aktuelle Erhebung zur Baukonjunktur, an der sich 370 Betriebe beteiligt haben, präsentiert. Das Fazit: Werde nicht gegengesteuert, drohe dem steirischen Wirtschaftsstandort "ein Tsunami". Jeder zweite Betrieb aus dem Bau- und Baunebengewerbe erwägt einen Personalabbau. Laut Quendler könne diese Einschätzung durchaus auf Kärnten umgelegt werden. Auch hierzulande sei ein Stellenabbau nicht auszuschließen. Einen Anstieg der Arbeitslosigkeit werde es dadurch wohl nicht geben. Vielmehr sei zu erwarten, dass die Jobsuchenden durch Umschulungen in andere Branchen wie die Industrie wechseln und dann für den Bau verloren sind. In Gastronomie und der Hotellerie gab es so eine Entwicklung bereits.

In dieser Woche fand der halbjährliche Baugipfel mit den Vertretern der Landesregierung und der Branche statt. Auch dort war die trübe Auftragslage ein Thema. "In den vergangenen Jahren hatten wir die Situation, dass Unternehmen aufgrund ihrer guten Auftragslage Projekte der öffentlichen Hand nicht übernehmen konnten", sagt Wohnbau- und Finanzreferentin Gaby Schaunig (SPÖ). Nun ändere sich in manchen Bereichen die Lage und die öffentliche Hand reagiere darauf. Unter anderem seien Großprojekte wie Ausbau Lakeside Park, HTC und der Glasfaserinfrastruktur in Vorbereitung. Doch der Bund und die Bankenaufsicht müssten auch bei den Kreditvergaberichtlinien nachbessern. Kritik übt die Landeshauptmann-Stellvertreterin auch an der Zinspolitik der Europäischen Zentralbank.