Seit 2015 veranstaltet Amazon mit dem "Prime Day" für seine Prime-Mitglieder jeden Sommer eine zweitägige Rabattschlacht. Im Vorjahr sollen dabei, laut Amazon, weltweit 100.000 Produkte pro Minute verkauft bzw. gekauft worden sein - ein absoluter Absatzrekord mit insgesamt 300.000 Millionen verkauften Produkten. Dabei sollen geschätzt rund zwölf Milliarden US-Dollar umgesetzt worden sein. 2022 gab es auch erstmals zwei "Prime-Days" in einem Jahr.
Am 11. und 12. Juli 2023 ist es also wieder so weit: Die große Rabattschlacht ist eröffnet und wird bei Amazon wieder die Kassen klingeln lassen, wenngleich wohl nicht auf Rekordniveau, wenn man einer Bloomberg-Studie Glauben schenkt: Wirtschaftslage und Inflation machen den Konsumentinnen und Konsumenten Sorgen. Die durchschnittlichen Ausgaben dürften laut Bloomberg um 15 Prozent niedriger ausfallen als 2022.
Vorsicht bei Statt-Preisen
Am "Prime Day" wirft der Handel mit Superlativen und Rabatten von bis zu 70 Prozent um sich. Das vermeintliche Schnäppchen kommt hier mitunter aber ganz schön teuer, wie Konsumentenschützer regelmäßig warnen. Karl Gladt, Leiter der Internet Ombudsstelle, sagt: „Eine wirksame Methode ist, den Rabatt auf der Basis eines falschen Ausgangswertes zu berechnen. Rabatte oder Statt-Preise beziehen sich dann auf Fantasiepreise." Seit Mitte 2022 ist im novellierten Preisauszeichnungsgesetz allerdings geregelt, dass sich ein Unternehmen bei Rabatten und Ermäßigungen nur auf den eigenen niedrigsten Preis der letzten 30 Tage beziehen darf. Damit wurde eine EU-Richtlinie umgesetzt. Gladt: „Es ist Händlern zwar nach wie vor erlaubt, die unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers anzuführen, er darf seinen Preis dann aber nicht als Rabatt-Preis darstellen.“
Nur jetzt und streng limitiert
Zu den Tricks der Händler gehört es auch, Konsumentinnen und Konsumenten mit „streng limitierten“ Kontingenten oder zeitlich eng befristeten Spezialangeboten unter Druck zu setzen, schnell kaufen zu müssen. Gladt betont: „Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen und vergewissern Sie sich unbedingt auf Preisvergleichsplattformen wie Idealo oder Geizhals, ob das Angebot wirklich günstig ist.“ Außerdem lohnt es sich, Impulskäufe, die man später bereut, von vornherein zu vermeiden, indem man sich für den "Prime Day" eine Einkaufsliste anlegt. Ein weiterer Tipp der Konsumentenschützer: „Vor allem bei teuren Geräten: Machen Sie sich Gedanken darüber, welche Anforderungen das ideale Modell erfüllen muss. So fällt es dir leichter, aus den Angeboten das richtige für sich herauszusuchen.“
Wenn der Händler storniert
Auch bei den Lieferzeiten zeichnen sich vermehrt Probleme ab: „Händler nehmen an Aktionstagen sehr viele Bestellungen zu diesem günstigen Preis entgegen, stellen dann fest, dass sie die Lieferung doch nicht bekommen und stornieren im Nachhinein“, sagt der Experte. Die Folge: Kundinnen und Kunden haben keine Möglichkeit, auf ein anderes günstiges Angebot auszuweichen und bekommen die Waren. Also Vorsicht, wenn von vornherein nur ungefähre Lieferzeiten von 2 oder 3 Wochen angegeben sind! Grundsätzich gilt: "Der Anbieter muss die Ware innerhalb der angegebenen Lieferzeit liefern. Ist dies – trotz wirksam geschlossenen Vertrags – nicht der Fall und man muss sich das Produkt anderswo zu einem höheren Preis beschaffen, darf die Differenz dem Händler in Rechnung gestellt werden – außer, dieser hat die Lieferverzögerung in keiner Weise zu verantworten."
Auf das Impressum achten
Die meisten Konsumentenschutzbestimmungen gelten nur im EU-Raum, deshalb bleiben Käuferinnen und Käufer bei Anbietern außerhalb der EU meist auf ihrem Schaden sitzen oder müssen für berechtigte Reklamationen zusätzlich zahlen. Denn die Rechtsdurchsetzung im EU-Ausland ist extrem schwer. Bei der Arbeiterkammer warnt man: "Oft ist auf den ersten Blick nicht ersichtlich, dass es sich bei der Website mit den Schnäppchen um einen Anbieter aus Übersee handelt, der Vertrag etwa mit einem Shop aus Asien geschlossen wird. Die Seiten sind professionell gestaltet, die Bestellung kann auf Deutsch aufgegeben werden und die Domain endet auf ".at" oder ".de" – das sagt aber nichts über den Firmensitz aus."
Man sollte also immer auf das Impressum mit Namen, Firma, Kontaktadresse, E-Mail-Adresse und unmittelbarer Kontaktmöglichkeit wie Telefon- oder Faxnummer zu achten. "Fehlen diese Angaben oder sind nur eine Mailadresse oder ein Postfach angegeben, ist es besser, die Finger davonzulassen, denn man weiß dann nicht, mit wem der Vertrag abgeschlossen werde." Auch bei fehlenden Informationen über das Widerrufsrecht sei Vorsicht geboten. Kunden erfahren so nicht, wem sie den Widerruf erklären sollen und an wen die Ware zurückzuschicken ist. Auch Gewährleistungsansprüche können nicht geltend gemacht werden.
Teure Reklamation
Häufig entspricht Ware aus China nicht den europäischen Qualitätsvorstellungen und Größen. Und eine Reklamation kann, so die AK-Experten, richtig teuer werden. Denn die Rücksendung ist meist kostenpflichtig und die Kosten dafür übersteigen in der Praxis oft den Preis der Ware. So habe vor Kurzem ein junger Vater den AK-Experten geschildert, dass er eine Jacke um knapp 20 Euro für seine kleine Tochter bestellt hatte. Da die aus China gelieferte Ware nicht passte, reklamierte er und erhielt vom Unternehmen die Antwort, dass er die Bestellung zurücksenden kann; aber auf eigene Kosten, was mehr als 20 Euro ausgemacht hätte.