Nachdem die USA den Export von Hochleistungschips an China beschränkt hat, erschwert die Volksrepublik nun den Export bestimmter, für die Chipherstellung wichtiger Rohstoffe. Unternehmen müssen laut dem Handelsministerium in Peking ab dem 1. August für die Ausfuhr von Gallium- und Germanium-Produkten eine Lizenz beantragen.

"Das sieht nach einer Vergeltungsmaßnahme aus", findet Analystin Susannah Streeter vom Brokerhaus Hargreaves Lansdown. John Strand, Gründer der Beratungsfirma Strand Consult, warnt vor Panikreaktionen. Für Gallium und Germanium gebe es anders als bei anderen sogenannten Seltenen Erden durchaus Anbieter außerhalb Chinas. Zwar treiben Beschränkungen die Preise. "Aber für den Rest der Welt sind sie keineswegs so schmerzhaft wie die US-Restriktionen der Chipexporte für China."

Chips Act der EU

Südkorea und Taiwan rechnen nach eigenen Angaben vorerst nur mit begrenzten Auswirkungen der chinesischen Exportkontrollen. In diesen beiden Ländern sitzen mit Samsung und TSMC zwei der weltgrößten Chiphersteller. Die EU äußert die Sorge, dass die Beschränkungen nicht mit der Notwendigkeit in Einklang stehen, den weltweiten Frieden zu schützen. Sie teilt außerdem mit, dass chinesische Partner geplante Treffen mit dem EU-Außenbeauftragten Josep Borrell kurzfristig abgesagt hätten. Die EU hat mit dem "Chips Act" ein Programm aufgelegt, um die Ansiedlung von Halbleiter-Werken zu fördern. Dadurch soll der Weltmarktanteil der Chipproduktion bis 2030 auf etwa 20 Prozent verdoppelt werden.

Einem Manager eines chinesischen Germanium-Produzenten zufolge haben sich bei ihm bereits mehrere Kunden aus Japan, Europa und den USA gemeldet. Sie wollten bis zum Stichtag am 1. August so viele Rohstoffe wie möglich bunkern, weil sie damit rechneten, dass die Bearbeitungszeit für die Exportanträge bis zu zwei Monate in Anspruch nehmen werde. Die gestiegene Nachfrage habe die Germanium-Preise zuletzt um knapp zehn Prozent auf 1380 Dollar (1266 Euro) je Kilogramm in die Höhe getrieben. Die Aktien einiger chinesischer Bergbaufirmen wie Yunnan Lincang Xinyuan oder Yunnan Chihong gewannen ebenfalls bis zu zehn Prozent.

Japan, Deutschland und die Niederlande gehören offenbar zu den wichtigsten Abnehmern von Gallium-Produkten. Bei Germanium liegen Japan, Frankreich, Deutschland und die USA vorne. Diese Metalle werden vor allem in Computerchips, in der Telekommunikation, in Solarpanels und Elektroautos eingesetzt.

Infineon sieht keine größeren Auswirkungen

Der Chiphersteller Infineon teilt mit, seine Rohstoffe generell aus unterschiedlichen Regionen zu beziehen. "Wir sehen keine größeren Auswirkungen auf die Materialversorgung, die unsere Produktionskapazitäten beeinträchtigen würden."

Die USA haben in den vergangenen Monaten unter anderem den Export von Hochleistungschips sowie von Maschinen für deren Produktion eingeschränkt. Dem "Wall Street Journal" zufolge denkt die Regierung in Washington außerdem darüber nach, den Zugang chinesischer Firmen zu bestimmten Angeboten von US-Cloudanbietern zu begrenzen. Der Druck auf westliche Telekom-Konzerne wächst, wegen Sicherheitsbedenken in ihren Mobilfunknetzen auf den Einsatz von Komponenten chinesischer Hersteller wie Huawei zu verzichten.

Die Volksrepublik hat bereits bestimmten Unternehmen und Organisationen den Einsatz von Chips des US-Herstellers Micron verboten. Ein Besuch von US-Außenminister Antony Blinken in China vor einigen Wochen hatte nicht zu einer nachhaltigen Entspannung der Beziehungen geführt. In dieser Woche wird US-Finanzministerin Janet Yellen in China erwartet. "Das Risiko einer Eskalation der Spannungen zwischen den USA und China ist nicht gerade gering", warnen die Analysten der Investmentbank Jefferies. Komme es nicht zu einer Entspannung, müsse mit weiteren Exportkontrollen für Seltene Erden gerechnet werden.